Buchbesprechung
Daniel McDowell: Bucking the Buck – US Financial Sanctions and the International Backlash against the Dollar, Oxford University Press, March 2023.
Die USA haben am Jahrestag (im Februar 2023) des russischen Einmarsches in die Ukraine ein neues Massnahmenpaket angekündigt.
Es geht um Sanktionen gegen mehr als 200 Personen aus Russland, aber auch aus Staaten in Europa, Asien und Nahost, die Russlands Krieg unterstützen sollen.
Die Grundlage der US-Sanktionsmöglichkeiten ist die globale Abhängigkeit vom Dollar.
Was heute auffällt, ist, dass gegen kein Land in der Geschichte so viele Sanktionen verhängt worden sind wie gegen Russland.
Was sind aber die Folgen für die Wirtschaft?
Experten gehen davon aus, dass die Straffmassnahmen durchaus greifen.
Zur Erinnerung: Die Währungshoheit ist die Quelle der amerikanischen Finanzmacht. US Dollars Funktion als internationales Tauschmittel und als Wertaufbewahrungsmittel sind zwei Bereiche, in denen die «Königswürde» des Dollars unbestritten ist.
Sanktionen bergen aber auch ein politisches Risiko, da sie bei den Zielländern eine Anti-Dollar-Politik auslösen und in einigen Fällen mit einer De-Dolarisierung korrelieren, so der Autor.
Die zentrale These des Buches ist vor diesem Hintergrund, dass US-Finanzsanktionen ein politisches Risiko im internationalen Währungssystem hervorrufen.
Das politische Risiko tangiert in erster Linie Auslandsinvestitionen.
Daniel McDowell definiert politisches Risiko als «das Potenzial eines politischen Akts, die erwarteten Kosten der Benutzung einer Währung für grenzüberschreitende Transaktionen oder als Wertaufbewahrungsmittel zu erhöhen.»
Der Autor ist außerordentlicher Professor für Politikwissenschaft an der Maxwell School of Citizenship and Public Affairs der Syracuse University und 2022-23 Wilson China Fellow am Wilson Center.
Seine Forschung konzentriert sich auf die internationale Geld- und Finanzpolitik, mit Schwerpunkt auf der Rolle der Vereinigten Staaten und Chinas.
Die Fallstudien zeigen, dass US-Sanktionen Länder dazu veranlassen können, ihre Devisen-Reserven aufgrund politischer Risikobedenken vom Dollar weg zu diversifizieren.
Wie weit verbreitet ist aber dieser Trend? Der Autor sucht Antworten v.a. auf diese Frage.
Seine Schlussfolgerung lautet, dass die US-Sanktionen zum Anstieg der Anti-Dollar-Politik in Sachen Zentralbank-Reserven beitragen.
Was bestimmt aber im Allgemeinen, ob eine nationale Währung außerhalb der Grenzen eines Landes weit verbreitet ist?
Die wichtigsten Faktoren sind: Vertrauen (confidence) und Bequemlichkeit (convenience).
Daniel McDowell: Bucking the Buck – US Financial Sanctions and the International Backlash against the Dollar, Oxford University Press, March 2023. |
Erstens müssen die Märkte darauf vertrauen, dass der Wert des Geldes langfristig stabil sein wird, damit eine Währung weltweit breite Anziehungskraft erlangt.
Zweitens müssen globale Währungen auch für die Märkte bequem zu verwenden sein.
Finanzsanktionen, manchmal auch als „intelligente Sanktionen“ (smart sanctions) bezeichnet, können gezielt gegen Schurkenregime verhängt werden.
Während Handelssanktionen wie Embargos erhebliche Kosten für eine ganze Bevölkerung in einem fremden Land verursachen, können Finanzsanktionen so gestaltet werden, dass sie weniger Kollateralschäden verursachen.
Obwohl diese „intelligenten“ Sanktionen gegen Einzelpersonen oder Unternehmen gerichtet sein können, ist das strategische Ziel normalerweise das Regime, mit dem diese Einheiten verbunden sind.
Eine Textanalyse aller zwischen 2000 und 2020 erlassenen SREOs (US Sanctions-related executive orders; d.h. Verfügungen des Präsidenten im Zusammenhang mit US-Sanktionen) zeigt, dass drei Merkmale am häufigsten genannt werden, um den Einsatz von Finanzsanktionen zu rechtfertigen:
Die Zielregierung
(1) stellt eine Bedrohung für die Sicherheit oder die außenpolitischen Interessen der USA dar (71% der Nennungen),
(2) ist ein bekannter Menschenrechts-Verletzer (31% der Nennungen) oder
(3) stellt eine Bedrohung für die Demokratie in diesem Land dar (26% der Nennungen).
Die US-Sanktionen führten zu einer einheitlichen Anerkennung des politischen Risikos, das mit der Verwendung des Dollars im Zahlungsverkehr verbunden ist, und in allen Fällen zu einer Anti-Dollar-Konsequenz.
Sie führten jedoch nicht zu einem ebenso einheitlichen Ergebnis in Form einer Entdollarisierung. Die Entdollarisierung ist nicht zwangsläufig eine Folge der Anti-Dollar-Politik.
McDowell hält als Fazit fest, dass die Vorherrschaft des Dollars für die Vereinigten Staaten eine kritische und unübertroffene Machtressource ist, die es zu schützen gilt.
Washington wäre seiner Ansicht nach gut beraten, den Einsatz von Finanzsanktionen einzuschränken, um die Wirksamkeit dieses Instruments zu bewahren, und zwar in Zusammenarbeit mit ihren Verbündeten.
Dieses Buch zeigt, dass der zu häufige Einsatz von Greenback als außenpolitische Waffe die künftige Durchschlagskraft der US-Sanktionsmöglichkeiten gefährden kann. Eine profunde Analyse mit aktuellen Fallstudien, lesenswert.
Sekundäre Sanktionen isolieren Ziele weiter, indem sie ausländischen Banken ohne US-Geschäfte, die keinen primären Sanktionen unterliegen, extraterritoriale Strafen androhen. |
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