Freitag, 28. April 2017

Überschussländer und makroökonomische Ungleichgewichte


Die makroökonomischen Ungleichgewichte sind zumindest seit dem Ausbruch der globalen Finanzkrise von 2008 offensichtlich und in aller Munde.

Was ist zu tun? 

Soll man Fiskalpolitik (z.B. einen expansiven resp. restriktiven Kurs) einsetzen oder die Handelspolitik (z.B. mit Protektionismus) neugestalten?

Der IWF findet, dass die Fiskalpolitik im Gegensatz zur Handelspolitik einen erheblichen Einfluss auf das externe Gleichgewicht hat.

Wenn die Überschuss-Länder eine expansive Fiskalpolitik ausführen, stimulieren sie die Nachfrage im Binnenmarkt und steigern ihre Einfuhren. Eine lockere Fiskalpolitik führt i.d.R. zu einer restriktiven Geldpolitik, die wiederum dazu beiträgt, dass die Landeswährung aufwertet.

Und wenn die Defizit-Länder eine restriktive Fiskalpolitik verfolgen, reduzieren sie das Nachfragewachstum im Inland und schränken die Einfuhren ein. Unternehmen in Defizit-Ländern beginnen dann, nach Märkten Ausschau zu halten, wo eine expansive Fiskalpolitik eingesetzt wird und Nachfrage vorhanden ist.


Veränderungen im strukturellen Haushalt im Ländervergleich, Graph: Brad Setser

(*) Basierend auf IWF-Daten tragen Deutschland und die Niederlande am meisten zu der Haushaltskonsolidierung im Euroraum bei, und zwar seit 2014.

Vor diesem Hintergrund ist es logisch, Deutschland nahe zu legen,  eine lockere Fiskalpolitik zu verwenden, um seinen Überschuss im Aussenhandel zu senken, wie Brad Setser in seinem Blog bemerkt.

Die positiven Auswirkungen, die eine solche Politik auf die Nachfrage in Deutschland und in den anderen Überschuss-Ländern entfaltet, würden so in die Weltwirtschaft übergehen (spillover), dass die Defizit-Länder es einfacher hätten, die eigene lockere Fiskalpolitik wieder zurückzufahren, ohne einen breiteren Nachfragerückgang in Kauf zu nehmen und eine Wachstumsverlangsamung befürchten zu müssen.

Eine wichtige Implikation der Verwendung der Fiskalpolitik zum Handelsausgleich (trade rebalancing) ist, dass es nicht eine einzige fiskalpolitische Zielsetzung (oder fiskalpolitische Richtung) gibt, die für alle Länder gilt. 


Fiskalpolitische Anregung der Wirtschaft ist effektiver, wenn die Geldpolitik die Zinsen niedrig hält, Graph: IMF in Fiscal Monitor, April 2017.

Haushaltskonsolidierung beispielsweise ist nicht immer das richtige Ziel einer nationalen Fiskalpolitik. Manche Länder brauchen ein Haushaltsdefizit, um den Überschuss im Aussenhandel zurückzufahren.

Diese Idee stösst aber in der Praxis auf Widerstand, wie Setser hervorhebt. Und der IWF deutet tatsächlich darauf hin, dass Europa von der Fiskalpolitik bisher nicht Gebrauch gemacht hat, um die interne Anpassung zu erleichtern.

Deutschland und die Niederlande (*) haben die grössten externen Überschüsse im Euroraum. Und sie haben aufgrund der relativ geringen Staatsverschuldung eine Menge fiskalpolitischen Spielraum. Italien und Spanien haben hingegen hohe Defizite und daher einen begrenzten Fiskalraum.

Die Eurozone hat einen erheblichen externen Überschuss. Angesichts der niedrigen Zinsen und der schwachen Nachfrage könnte eine expansivere Fiskalpolitik dafür sorgen, dass die Beschäftigung gefördert wird und der globale Handel in eine bessere Balance kommt.

Doch hat der Euroraum im vergangenen Jahr keine expansive Fiskalpolitik eingesetzt.

Bemerkenswert ist, dass der IWF davon ausgegangen ist, dass Deutschland eine lockere Fiskalpolitik verfolgen würde. Es kam aber im vergangenen Jahr zu keiner strukturellen fiskalpolitischen Expansion in Deutschland. Die strukturelle Haushaltsbilanz blieb in einem erheblichen Überschuss.





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