Samstag, 31. März 2012

Geldmultiplikator in Deflation


Es gibt auch in der Schweiz selbsternannte Experten, die ständig vor Inflation warnen, da die Schweizerische Nationalbank (SNB) „Geld drucke“.

Die Notenbankgeldmenge ist zwar in der Schweiz im Sog der Krise von weniger als 50 Mrd. Franken auf mehr als 250 Mrd. Franken gestiegen.

Die Jahresteuerungsrate ist aber negativ. Die am Landesindex der Konsumentenpreise gemessene Jahresteuerung betrug im Februar -0,9% (November: -0,5%). Die Kerninflation ist bereits seit sechs Monaten in Folge negativ.

Die negative Inflation ist erstens auf die Entwicklung der Preise ausländischer Güter zurückzuführen, was den Einfluss der starken Aufwertung des Franken widerspiegelt.

Ein wichtiger Grund, warum die Inflation nicht steigt, ist zweitens die Liquiditätsfalle, in der die Wirtschaft steckt. Das ist eine Situation, in der der Nominalsitz gegen die Nullgrenze geht und die Geldpolitik deshalb an Effektivität verliert. Das heisst, dass geldpolitische Massnahmen unter den Bedingungen einer Depression nicht ganz funktionieren.



Schweiz Geldmultiplikator, Graph: ACEMAXX ANALYTICS
Geldmultiplikator (linke Skala) und Notenbankgeldmenge (rechte Skala) in Mio. Franken

FDIC schliesst eine weitere Bank im März


Die FDIC (Einlagensicherungsbehörde) hat am Freitag laut Washington Post eine weitere Bank in Michigan geschlossen.

Damit ist die Anzahl der Banken, die im Jahre 2012 verstaatlicht wurden, auf 16 gestiegen, nachdem im Vorjahr insgesamt 92 Banken gescheitert waren.

Die Zahl der Bankschliessungen im Jahr 2012 markiert einen deutlichen Rückgang aus den beiden Vorjahren. Zu diesem Zeitpunkt vor einem Jahr hatten die Behörden 26 Banken geschlossen.

Die verstaatlichte Bank mit 15 Filialen verfügt über ein Anlagevermögen von 818,2 Mio. $ und Einlagen von 747,6 Mio $. Die Kosten der geschlossenen Bank betragen für die öffentliche Hand  92,8 Mio. $.

Bankpleiten:
2012: 16
2011: 92
2010: 157
2009: 140
2008: 25
2007: 3

Freitag, 30. März 2012

Krankenversicherung und Broccoli


Paul Krugman befasst sich in seiner lesenswerten Kolumne („Broccoli and Bad Faith“) am Freitag in NYT mit dem bevorstehenden Urteil des Obersten Gerichtshofes über das amerikanische Gesundheitsgesetz (Affordable Care Act).

Es scheint aber durchaus möglich, dass das Gericht das „Mandat“ oder sogar das ganze Gesetz niederstrecken will, bemerkt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises.  Bei „Mandat“ handelt es sich um die Forderung, dass die Individuen sich eine Krankenversicherung besorgen müssen.

Die Abschaffung des „Mandats“ würde aber das Gesetz weniger praktikabel machen, während die Niederstreckung des ganzen Gesetzes die Verneinung bedeuten würde, dass mehr als 30 Mio. Amerikaner Krankenversicherung hätten, legt Krugman dar.

Angesichts der brisanten Situation dürfte man laut Krugman erwarten, dass alle Mitglieder des Gerichts sehr vorsichtig vorgehen. In Wirklichkeit scheinen Richter jedich, die dagegen sind, auf jedes Argument aufzugreifen, um die Gesetzesvorlage zu Fall zu bringen.

Der Richter Antonin Scalia hat beispielsweise den Kauf von Krankenversicherung mit dem Kauf von Broccoli verglichen. Dieser Vergleich hat Gesundheitsexperten entsetzt, weil Krankenversicherung mit Broccoli nichts zu tun hat.

Unstimmigkeit am Arbeitsmarkt?


Mark Thoma argumentiert in seinem Blog seit langer Zeit (hier und hier), dass viele der strukturellen Faktoren, die die Menschen sehen, wahrscheinlich nur von vorübergehender Natur sind und daher die Geldpolitik nicht einschränken dürfen. Das heisst, dass die Veränderung der natürlichen Sätze weitgehend temporär sind.

In diesem Zusammenhang deutet der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor auf eine aktuelle Forschungsarbeit („Skills Mismatch, Construction Workers, and the Labor Market“) von Richard Crump und Aysegül Sahin hin.

Die Autoren heben hervor, dass Rezessionen und Wiederbelebung der Konjunktur i.d.R. Zeiten von erheblichen Umverteilungen in der Wirtschaft und im Arbeitsmarkt bedeuten und der gegenwärtige konjunkturelle Zyklus hierbei auch keine Ausnahme darstellt. Die Geschwindigkeit und die Gleichmässigkeit der Umverteilung hängen teilweise von der Struktur des Arbeitsmarktes ab, insbesondere vom Grad der Nicht-Übereinstimmung (mismatch) zwischen den Eigenschaften der verfügbaren Arbeitskräfte und neu verfügbaren Arbeitsplätzen.

Solche Diskrepanzen (mismatch) könnten wegen der Unterschiede in Fertigkeiten zwischen den Arbeitnehmern und Arbeitsplätzen (skills mismatch) vorkommen oder wegen der Unterschieden in Bezug auf die Lokalität der verfügbaren Arbeitsplätze und der verfügbaren Arbeitnehmer (geographic mismatch).


Mismatch Index, Graph: Richard Crump und Aysegül Sahin, Federal Reserve Bank of New York

Donnerstag, 29. März 2012

Spanien trifft im Teufelskreis auf Griechenland


„Die Euro-Krise wird in Spanien entschieden“, schreibt Wolfgang Münchau in einem lesenswerten Artikel in Der Spiegel.

Griechenland hat mit dem Haushalt geschummelt und sich den Bankrott eingeholt. Spanien hingegen hat mit einer „unverantwortlichen Haushaltspolitik“ nichts zu tun. Und Madrid hat im Gegensatz zu Berlin „nie den Stabilitätspakt gebrochen“, hebt Münchau hervor. In der Tat hat Spanien sogar noch geringere Staatsschulden als Deutschland. Deutschland hat das gemeinsam festgelegte Inflationsziel jahrelang durch Lohndumping unterlaufen.

Die deutsche Boulevard-Presse und einige Politiker waren über Griechenland hergefallen. In Sachen Spanien hört man aus Brüssel, dass die „EU Spanien dazu drängt, einen Kredit unter dem neuen ESM aufzunehmen“, wie der Autor des lesenswerten Buches Makro Strategien festhält.

„Spanien braucht mind. 100 Mrd. Euro, um seine maroden Banken zu sanieren“. Die Banken aus Deutschland, den Niederlanden und Finnland hatten die Erlöse aus dem Handelsbilanzüberschuss jahrelang  im Süden angelegt und die Blase an den Immobilienmärkten direkt und indirekt finanziert. Und „die spanischen Banken und Bausparkassen sind in diesem Prozess enorme Risiken eingegangen“, erklärt Münchau.

In Spanien zeichnet sich nun eine Depression ab. Und die erzwungene Haushaltskonsolidierung schiebt das Land in einen der klassischen ökonomischen Teufelskreise. Private Haushalte, Unternehmen und Banken sind hoch verschuldet. Wenn auch der Staat zugleich sparen muss, wo soll das Wachstum herkommen?

Gibt es einen Grund für höhere Erdölpreise?


Es gibt keinen vernfünftigen Grund für hohe Ölpreise, schreibt Ali Naimi, Saudi-Arabiens Minister für Erdöl und mineralissche Ressourcen in einem Artikel („Saudi Arabia will act to lower soaring oil prices“) in FT.

James Hamilton kann sich einen Grund durchaus vorstellen, wie er in seinem Blog zum Ausdruck bringt: wenn die Ölpreise niedriger wären, würde die Welt mehr konsumieren wollen als gegenwärtig hergestellt wird.

In der Abbildung ist die gesamte weltweite Ölproduktion in den letzten Jahrzehnten zu sehen. Nach einem rasanten Zuwachs in den früheren Jahren trifft die Produktion auf eine holprige Plateau. Im November 2007, d.h. kurz vor dem Ausbruch der Rezession in den USA, wurde weltweit 84,9 Mio. Barrel Öl pro Tag hergestellt, etwas weniger als im Frühjahr 2005.

Obwohl die Produktion stagnierte, setzte die Nachfragekurve die Verschiebung fort, mit dem weitweiten BIP-Wachstum von 5,3% 2006 und 5,4% 2007, beschreibt Hamilton.

Der Konsum von Erdöl betrug allein in China 800‘000 Barrel mehr pro Tag im Jahr 2007 als im Jahr 2005. Das bedeutet, dass der Rest der Welt den Verbrauch über diesen Zeitraum verringert hat.


Erdölproduktion (weltweit), Graph: Prof. James Hamilton

Negative Renditen am Geldmarkt für Schweizer Franken


Es ist zwar eine Wiederholung, aber dennoch wichtig, hervorzuheben, dass in der Schweiz am Dienstag erneut ein Geldmarktpapier zu einer negativen Rendite verkauft worden ist.

Wie kommt es zu negativen Zinsen und warum sind Investoren bereit, Papiere mit einer Negativ-Rendite zu kaufen?

Die eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) akzeptiert seit dem 18. August 2011 auch Angebote mit einem Preis über 100%, wodurch sich nun auch negative Auktionsrenditen ergeben.

Am 23. August 2011 betrug die Rendite für Geldmarktpapiere mit 6 Monaten Laufzeit -1%. Am 30. August 2011 resultierte aus der Versteigerung für Geldmarktpapiere mit 3 Monaten Laufzeit eine Rendite von -0,75%.
Über das ganze Jahr 2011 bewegten sich die Renditen der Geldmarktpapiere nach Angaben der SNB zwischen 0,158% und -1,0%.


Schweiz Zinsstrukturkurve, Graph: SIX Swiss Exchange

Mittwoch, 28. März 2012

Minsky Moment unter Ökonomen


(Wonkish)

Steve Keen hat vergangene Woche eine neue Forschungsarbeit („Instability in Financial Markets“) vorgelegt. Der an der University of Western Sydney lehrende Wirtschaftsprofessor wird das Paper am 12. April auf der INET Konferenz in Berlin präsentieren.

Keen beginnt seine Analyse mit einem Überblick über Minsky, weil Hyman Minskys Hypothese über die finanzielle Instabilität seiner Angaben nach eine der wichtigsten Grundlagen für seinen Ansatz für Wirtschaftswissenschaften darstellt.

Minskys Theorie der Instabilität ist heute wieder in aller Munde, v.a. wegen des „Minsky Moments“ vom Ende 2007. Keen bedauert jedoch, dass ein besseres Verständnis des Erklärungsansatzes von Minsky, wie z.B. die Subprime-Krise überhaupt passieren konnte, in den Forschungsarbeiten von Paul Krugman („Debt, Deleveraging and the Liquidity Trap“) fehle.

Nun schenken neoklassische Ökonomen im Sog der Finanzkrise Minskys Theorie der Instabilität einige Aufmerksamkeit. Und es gab zumindest einen Versuch, ein neues keynesianisches Modell gestützt auf Minskys Hypothese (Debt Deflation) zu bauen, legt Keen mit Hinweis auf Krugmans Forschungsarbeit („Debt, deleveraging, and the liquidity trap“) dar. Aber Keen bemängelt in Krugmans Arbeit jede Spur von Anerkennung der Theorie der Instabilität.

Was Keen z.B. Paul Krugman konkret ankreidet, ist, dass die Anhänger der neoklassichen Wachstumstheorie (wie Krugman) zwar Minsky lesen, und darauf hin ein Gleichgewichtsmodell bilden, aber Banken in die Modellen nicht miteinbauen. Dies als Minsky-Modellierung zu nennen, ist Keens Ansicht nach falsch, weil damit ein Gleichgewichtsmodell mit Besessenheit nach „Walrasianischen Handpuppen“ erstellt werde, wie es eigentlich auch mit Keynes gestützt auf das DSGE-Modell geschehe.

Dienstag, 27. März 2012

Gibt es eine sog. „neue Normalität“?

Nach der Rezession von 2001 stand im Mittelpunkt der politischen Debatte die Frage, ob die Wirtschaft jemals wieder auf das hohe Niveau der Beschäftigung vor der Rezession zurückkommen kann.

Viele Fed-Vertreter waren besorgt, dass jeder Versch, die Arbeitslosenquote unter die „neue Normalität“ (new normal) von 6% zu drücken, mit einer sehr hohen Inflation einhergehen würde. Alan Greenspan, der damalige Fed-Präsident hat aber davon nicht viel gehalten. Am Ende ist es der Wirtschaft tatsächlich gelungen, die Arbeitslosenquote vor der Rezession wiederherzustellen, ohne inflationäre Probleme auszulösen.

Heute findet dieselbe Debatte wieder statt. Die Frage lautet, ob der Rückgang des BIP, der durch die Rezession verursacht worden war, vorwiegend dauerhaft oder vorwiegend vorübergehend ist.

Wenn es vorübergehend ist, können die Dinge wieder zusammengesetzt werden, und die Wirtschaft wäre in der Lage, auf das Niveau der Arbeitslosigkeit vor der Krise wieder zurückzukehren.

Wenn es aber dauerhaft ist, dann wäre die „neue Normalität“ für die Arbeitslosigkeit 6% bis 7%, anstatt rund 4%, wo die Arbeitslosigkeit vor dem Beginn der Krise verweilte, wie Mark Thoma in einem lesenswerten Artikel („Jobs: A New Look at the So-called New Normal”) in The Fiscal Times bemerkt.

Welche Seite hat aber Recht? Die aktuelle Sichtweise scheint zu sein, dass ein Grossteil des Rückgangs des BIP von dauerhafter Natur ist.


US-Wirtschaft Produktionslücke (output gap), Graph: Federal Reserve Bank of San Francisco, FRBSF

Arbeitslosigkeit: strukturell oder zyklisch?

US-Notenbankchef Ben Bernanke hat sich am Montag mit der kritischen Situation auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt auseinandergesetzt. Im Mittelpunkt seines Vortrags („Recent Developments in the Labor Market“) stand die folgende Frage:

Ist das gegenwärtig hohe Niveau der Langzeitarbeitslosigkeit in erster Linie das Ergebnis von konjunkturellen Faktoren, wie z.B. der unzureichenden Gesamtnachfrage oder das Ergebnis von strukturellen Veränderungen, wie z.B. einer Verschlechterung der Diskrepanz (mismatch) zwischen Fertigkeiten der Arbeitnehmer und Anforderungen der Arbeitgeber?

Bernanke argumentierte, dass, während sowohl konjunkturelle als auch strukturelle Kräfte zweifellos dem Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit beigetragen haben, die anhaltende Schwäche der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage wahrscheinlich der vorherrschende Faktor ist.

Folglich sollte die akkommodierende Geldpolitik der Fed über die Zeit helfen, durch die Ankurbelung der Nachfrage und die Unterstützung der Erholung, um die Langzeitarbeitslosigkeit zu vermindern.


Verhältnis der Beschäftigten zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (Beschäftigungsquote), Graph: Fed St. Louis, FRED

Montag, 26. März 2012

Bank of Israel lässt Leitzins unverändert bei 2,50%

Die Bank of Israel (BoI) hat heute den Benchmark-Zins auf 2,50% unverändert belassen.

Die Verbraucherpreise (CPI) waren im Februar unverändert. Die Inflation belief sich in den vergangenen 12 Monaten gemessen am Konsumentenpreisindex (CPI) auf 1,7%.

Die Entscheidung, die Zinsen auf 2,50% zu belassen, steht im Einklang mit der Geldpolitik, die auf die Stabilisierung der Inflation innert Zielkorridor von 1-3% in den kommenden 12 Monaten ausgerichtet ist und dient der Förderung des Wachstums bei gleichzeitiger Wahrung der Finanzstabilität, erklärt die BoI.


Israel, Inflation (CPI), Graph: Bloomberg

Was heisst „financial repression“?

Die Staatsschulden sind in aller Munde. Es ist aber ein Mythos, die Staatsschulden als die eigentliche Ursache der Krise zu bezeichnen. Die Staatsschulden sind erst nach dem Ausbruch der Finanzkrise gestiegen. Die öffentliche Hand hat angesichts der dadurch ausgelösten Rezession Massnahmen getroffen, um die Banken und Finanzunternehmen zu retten.

Wie soll aber mit Staatsschulden nun umgegangen werden?

Carmen Reinhart und Jacob Funk Kirkegaard rufen in diesem Zusammenhang in einem aktuellen Artikel („Financial repression: Then and now“) in Voxeu eine Strategie in Erinnerung, die „Financial Repression“ heisst.

Im Lichte der rekordhohen Verschuldung der öffentlichen Hand und des privaten Sektors dürften Strategien zum Abbau von Staatsschulden im Mittelpunkt der politischen Diskussionen in den meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften auf absehbare Zeit stehen, heben Reinhart und Kirkegaard hervor.

Im Laufe der Geschichte wurde die Staatsquote (Verschuldung im Verhältnis zum BIP) wie folgt reduziert:

Wirtschaftswachstum,
Haushaltskonsolidierung und Sparmassnahmen,
Zahlungsausfall (default) oder Umschuldung der privaten und öffentlichen Schulden,
Inflation („surprise inflation“),
Financial Repression (finanzielle Unterdrückung) begleitet durch stetige Inflation.

G7 Staatsanleihen Rendite (real), Graph: Carmen Reinhart und Jacob Funk Kirkegaard in Voxeu

Interessenvertreter, Waffen und Geld

Paul Krugman befasst sich in seiner lesenswerten Kolumne am Montag in NYT („Lobbyists, Guns and Money“) mit der zunehmenden Korporatisierung des politischen Lebens und deren weitreichenden Konsequenzen.

„Floridas „Stand-your-Ground“-Gesetz, welches Ihnen erlaubt, auf jemanden zu schiessen, wenn Sie sich bedroht fühlen, klingt verrückt. Und es ist so“, bemerkt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises. Es ist verlockend, dieses Gesetz als das Werk von ungebildeten Hinterwäldlern abzuqualifizieren. Aber es gibt ähnliche Gesetze im ganzen Land, vorangetrieben nicht von ungehobelten Hinterwäldnern, sondern von grossen Konzernen.

Insbesondere ist die Wortwahl einer Vorlage, die von American Legislative Exchange Council dem Gesetzgeber vorgestellt wird, mit dem Florida-Gesetz praktisch ähnlich.

Was ist ALEC? Trotz Behauptungen, dass es überparteilich ist, ist es eine Organisation der konservativen Bewegung, finanziert von den üblichen Verdächtigen: Die Kochs, Exxon Mobil, und so weiter. Im Gegensatz zu anderen solchen Gruppen nimmt die Bewegung nicht nur Einfluss auf die Gesetze, sondern schreibt sie buchstäblich, und liefert die fertige Gesetzesvorlage an die Gesetzgebung.

Viele ALEC-Gesetzesentwürfe verfolgen konservative Ziele: Zerschlagung von Gewerkschaften, Untergrabung von Umweltschutz, Steuererleichterungen für Unternehmen und Reiche. ALEC scheint jedoch ein besonderes Interesse an der Privatisierung zu haben, an der Verwandlung von öffentlichen Dienstleistungen, von Schulen bis zu Gefägnissen, in gewinnstrebende Unternehmen. Und einige der prominentesten Nutzniesser der Privatisierung sind an der Organisation selbst mitbeteiligt, hält Krugman fest.

Sonntag, 25. März 2012

Schweiz hat aussergewöhnlich tiefe Kerninflation

Die Notenbankgeldmenge (Notenumlauf + Giroguthaben inländischer Banken bei der SNB) in der Schweiz hat zwar seit September abgenommen, aber sie bleibt nahe dem historischen Höchststand, wie die SNB im aktuellen Quartalsheft 1/2011 mitteilt.

Im Februar betrug die Notenbankgeldmenge 222 Mrd. Franken, gegenüber 253 Mrd. Franken im September 2011 und rund 45 Mrd. Franken im Herbst 2008 vor dem Ausbruch der Finanzkrise.

Die weit definierten Geldaggregate wie M1 (+10,6%), M2 (+8,9%) und M3 (+6,4%) (Zahlungsmittel in den Händen der privaten Haushalte und Unternehmen) sind in den letzten Monaten auch kräftig gestiegen.

Die Geldaggregate haben weitgehend unabhängig von den grossen Schwankungen der Notenbankgeldmenge zugenommen, was nahelegt, dass die Überschussreserven der Banken seit Ende 2008 sehr gross sind und die Geldschöpfung des Bankenssystems durch die gesetzlichen Mindestreservevorschriften z.Z. nicht beeinträchtigt wird, wie die SNB betont.

Der massive Anstieg der Notenbankgeldmenge wird im Volksmund als „Gelddrucken“ bezeichnet, obwohl feststeht, dass das Wachstum der Verbindlichkeiten auf der Passiv-Seite der SNB-Bilanz aus dem Anstieg der Sichtguthaben (Reserven) stammt. Die Sichtguthaben (d.h. Giroguthaben), die von der SNB nicht verzinst werden, betrugen zwischen Mitte Dezember 2011 und Mitte März 2012 durchschnittlich 218,8 Mrd. Franken.


Schweiz: Notenbankgeldmenge, Graph: SNB Quartalsheft 1/2012

Makroökonomische moderne Chuzpe

Chuzpe bedeutet „Frechheit, Dreistigkeit, Unverschämtheit“. Es gibt aber auch eine alte Definition, an die sich Paul Krugman in seinem Blog erinnert. Der Auslöser ist eine aktuelle Aussage von Jean-Claude Trichet, die Justin Fox (hat tip to Mark Thoma) im HBR Blog zitiert.

Der ehemalige EZB-Chef sagt demzufolge vor Studenten an der Harvard Kennedy School, dass er über seine achtjährige Amtszeit als Präsident der EZB nichts zu bedauern hat. Er bereue nichts, so Trichet. Was er im Grunde genommen sagt, ist, dass die makroökonomische Theorie im Umgang mit der Krise, die 2007 begann, fast völlig nutzlos gewesen sei. Tricht beklagt also, dass die Makroökonomie versagt habe, in der Krise eine nützliche Hilfe zu leisten.

Krugman hat im Grossen und Ganzen Sympathie für diese Ansicht, da eine Menge Makro sich inzwischen nicht nur nutzlos, sondern auch schädlich erwiesen hat, weil sie den praktischen makroökonomischen Konsens, den man hatte, ausgehöhlt hat, ein Konsens, der hätte zu besseren Massnahmen führen können und sollen.

Aber Trichet? Schliesslich war es Trichet selsbt, der während der Krise seine Bereitschaft plastisch an den Tag legte, alles, was die gesamtwirtschaftliche Nachfrage betrifft, zugunsten einer grundsätzlich unglaubwürdigen (und jetzt gescheiterten) Doktrin der expansiven Sparpolitik (expansionary austerity) aufzugeben. „Trichet hat alles, was wir über die Inflation und die Differenz zwischen vorübergehenden Schocks, die Zinsen angesichts eines offensichtlich kurzzeitiges Phänomens zu erhöhen, wissen, ignoriert“, legt Krugman dar.

Samstag, 24. März 2012

Fiskalpolitik in einer Depression

Brad DeLong und Larry Summers befassen sich in ihrer aktuellen Forschungsarbeit („Fiscal Policy in a Depressed Economy“) mit der Thematik Fiskalpolitik in einer angeschlagenen Volkswirtschaft.

Die Grundaussage legt nahe, dass die Sparmassnahmen (fiscal austerity), wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, die fiskalische Situation durchaus verschlechtern, nicht verbessern.

Paul Krugman trägt die Argumentation seit Jahren vor. Aber DeLong und Summers präsentieren nun einige Nachweise von der Geburt der Eurosklerose bis zur Herabstufung der Schätzung des amerikanischen Produktionspotenzials (potential output) seit Beginn der Krise, wie der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008) in seinem Blog hervorhebt.

DeLong und Summers betonen den entscheidenden Punkt, dass, selbst wenn die Sparmassnahmen die langfristige fiskalische Position nicht buchstäblich verschlechtern, sie im besten Fall diese Position nur sehr wenig verbessern. Doch die Sparpolitik verursacht hohe laufende Kosten. Die Kosten-Nutzen-Analyse ist überwiegend zu Gunsten des Stimulus (Konjunkturprogramm), solange die Wirtschaft in der Liquiditätsfalle steckt.


Fiskalpolitik und Wachstum in der Eurozone, Graph: Prof. Paul Krugman

FDIC schliesst zwei weitere Banken im März

Die FDIC (Einlagensicherungsbehörde) hat am Freitag laut Washington Post zwei weitere Banken in Georgia und Illinois geschlossen.

Damit ist die Anzahl der Banken, die im Jahre 2012 verstaatlicht wurden, auf 15 gestiegen, nachdem im Vorjahr insgesamt 92 Banken gescheitert waren.

Die Zahl der Bankschliessungen im Jahr 2012 markiert einen deutlichen Rückgang aus den beiden Vorjahren. Zu diesem Zeitpunkt vor einem Jahr hatten die Behörden 25 Banken geschlossen.

Die verstaatlichten  zwei Banken verfügen insgesamt über ein Anlagevermögen von 364,4 Mio. $ und Einlagen von 289,6 Mio $. Die Kosten der geschlossenen Banken betragen für die öffentliche Hand  95,6 Mio. $.

Bankpleiten:
2012: 15
2011: 92
2010: 157
2009: 140
2008: 25
2007: 3

SNB hegt in Sachen Mindestkurs Nulltoleranz

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) unterstreicht in dem gestern vorgelegten Quartalsheft 1/2012, dass sie den Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro weiterhin mit aller Konsequenz durchsetzen werde. Sie ist bereit, dazu unbeschränkt Devisen zu kaufen.

Das Zielband für den 3-Monats-Libor (3M-Libor) bleibt unverändert bei 0%-0,25%. Die SNB hält die Liquidität am Geldmarkt weiterhin ausserordentlich hoch.

Die SNB hat am 6. September 2011 einen Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro festgelegt, mit der Erklärung, dass die gegenwärtig massive Überbewertung des Schweizer Frankens eine akute Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft darstellet und das Risiko einer deflationären Entwicklung birgt.


Die Wirkung des Mindestkurses Franken-Euro, Graph: Dewet Moser, SNB, March 22, 2012.

Freitag, 23. März 2012

Paranoia im US-Wahlkampf 2012

Paul Krugman befasst sich in seiner lesenswerten Kolumne („Paranoia Strikes Deeper“) am Freitag in NYT mit der Wahlkampagne einer grossen politischen Partei der USA.

Mitt Romney hat am Sonntag in Fox News die Behauptung aufgestellt, dass die Gaspreise wegen des Komplotts der Obama-Regierung so hoch sind.
„Diese Behauptung ist nicht nur Quatsch, sondern eine Art von Verrücktheit in dreifacher Ausführung. Eine Lüge, die in eine mit Paranoia gewickelte Absurdität verpackt ist“, beschreibt Krugman.

Erstens die Lüge: Nein, Präsident Obama hat nicht gesagt, wie viele Republikaner jetzt behaupten, dass er höhere Benzinpreise wolle. Die Behauptung ist eine Lüge, schlicht und einfach. Und es ist eine Lüge, die in eine Absurdität gehüllt ist, weil der Präsident die Benzinpreise nicht kontrolliert und auch keinen Einfluss auf diese Preise hat, hält der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor fest.

Schliesslich gibt es noch die Paranoia, der Glaube, dass die Liberalen im Allgemeinen und die Vertreter der Obama-Regierung im Besonderen versuchen, das Autofahren als Teil einer ruchlosen Verschwörung gegen das American Way of Life unerschwinglich zu machen.

Krugman übertreibt nicht. Das ist, was man selbst von Mainstream Konservativen hört.

Interview: Prof. Jay R. Ritter, University of Florida

Jay R. Ritter is Cordell Professor of Finance at the University of Florida’s Warrington College of Business Administration.


Is JOBS Bill really necessary?

The Jumpstart Our Business Startups (check to make sure that this is what JOBS stands for?) bill has little to do with jobs. It is based on the assumption that more IPOs would result in more jobs, but the relation between IPOs and job creation is tenuous. Companies with good business models create jobs, but funding companies with bad prospects does not create jobs that last. The fact of the matter is that the average small company going public in the last thirty years has not produced many jobs, and on average investors have been burned. Companies like Google and Microsoft were already big companies at the time of their IPO. Small companies are having trouble going public because investors are skeptical about the ability of small companies to earn profits, and this skepticism is justified.

What are the advantages and disadvantages of the JOBS Bill in light of the financial crisis 2008?

Some of the features of the Bill are things that could be changed by regulators, without a law that is very difficult to change as the economy evolves over time. The advantage of financial regulations is that they can be changed as we find out what works and what does not work. Having said that, the U.S. Secuities and Exchange Commission can be criticized for not revising its regulations frequently enough. And the SEC has a lot to answer for, having blown the Madoff and Stanford Ponzi scheme investigations. If the SEC hired more financial economists and fewer lawyers, I think that they would have fewer embarrassments. The 2008 financial crisis was not the fault of the SEC, however. Congress, especially Barney Frank and Chris Dodd, as well as the bank regulators, deserve more of the blame.

JOBS Act: Deregulierung in Fortsetzung

Der US-Kongress hat von den 1970er Jahren bis vor kurzem die Deregulierung der Finanzmärkte zugelassen und ermutigt, schreibt Simon Johnson in seinem Blog. Die grossen Banken sind anschliessend grösser geworden und sie gingen mehr Risiken ein.

Die gesetzgeberische Tagesordnung war weitgehend überparteilich, bis das Glass-Steagal-Gesetz Ende der 1990er Jahre aufgehoben wurde, hebt der an der MIT Sloan lehrende Wirtschaftsprofessor hervor. Nach reiflicher Überlegung des Gesetzgebungsverfahrens wurde der Weg für Megabanken frei gemacht, um Commercial und Investment Banking in einem komplexen globalen Massstab zusammenzubringen. Damit wurden die besten Voraussetzungen für die Finanzkrise von 2008 und die schrecklichen Rezession, die sich entwickeln, geschaffen.

Nun schickt sich der US-Kongress laut Johnson wieder an, mit dem JOBS Act (H.R. 3606) dieselben Fehler zu wiederholen. Diesmal geht es darum, das Wertpapierrecht von 1930 aufzuheben, welches Investoren gut gedient und die USA zu einem der besten Orte für die Kapitalbeschaffung gemacht hat. „Wir befinden uns wieder auf einem überparteilichen Weg in die Katastrophe“, hält der ehemalige Chef-Ökonom des IWF fest.

Die Idee, die hinter dem JOBS Bill (Gesetzentwurf) steht, ist, dass die bestehende Wertpapiergesetzgebung (v.a. wegen der Disclosure-Pflicht) erheblich auf der Wirtschaft laste.


Anzahl von IPOs (in den USA) mit pre-IPO Umsatz kleiner oder grösser als 50 Mio. $, Graph: Prof. Jay R. Ritter, University of Florida, March 2012

Die Anzahl der amerikanischen Börsengänge von 1980 bis 2011, mit pre-IPO Umsätzen von weniger (kleine Unternehmen) oder mehr (grosse Unternehmen) als 50 Mio. $ in den vergangenen 12 Monaten.

Donnerstag, 22. März 2012

Warum gibt es Unterschiede für Benzinpreise?

Warum unterscheiden sich die Benzinpreise in den verschiedenen Regionen der Vereinigten Staaten erheblich voneinander?

Der durchschnittliche Preis ist z.B. in Illinois derzeit 70 Cents/Gallone höher als in Wyoming und Autofahrer in Kalifornien zahlen 86 Cents/Gallone mehr als die Menschen in Wyoming. Warum?

James Hamilton erläutert in seinem Blog, dass der grösste einzelne Faktor die Steuern sind. Die Steuern auf eine Gallone Benzin in Illinois liegen 25 Cents höher als in Wyoming, während die Steuern in Kalifornien 35 Cents höher sind.

Es bleibt aber immer noch 45 Cents Preis-Prämie in Illinois und 51 Cents in Kalifornia übrig, zu erklären. Es gibt eine von Political Calculations bereitgestellte Karte von durchschnittlichen Benzinpreisen ohne Mitberücksichtung von Steuern, wo man die Details der Unterschiede besser beobachten kann.

Ein weiterer Faktor im Preisunterschied sind die Unterschiede im Benzin selbst. Autofahrer in Kalifornien sind z.B. verpflichtet, einen höherwertigen Kraftstoff zu verwenden, um die Limite für Luftverschmutzung einzuhalten, betont Hamilton.


Rohöl und raffinierte Produkte, Graph: Prof. James Hamilton, in: Econbrowser

Die rote Kurve: US-Netto-Exporte von Erdölprodukten, Durchschnitt der jüngsten 12 Wochen, in Tausend Barrel pro Tag, (von Jan. 2007 bis Dezember 2011).

Die blaue Kurve: US-Netto-Exporte von Erdöl, Durchschnitt der jüngsten 12 Wochen, in Tausend Barrel pro Tag.

Super PACs und wachsende Ungleichheit

In den USA ist es grundsätzlich streng geregelt, wie Einzelpersonen einen Wahlkampf mit Geld unterstützen können. Es gibt jedoch eine Ausnahme. Der Oberste Gerichtshof der USA hat im Jahr 2010 in einem Urteil (Citizens United vs. Federal Election Commission) festgehalten, dass das Recht auf freie Meinungsäusserung auch für Unternehmen und Verbände gilt. Demnach ist es erlaubt, durch die Bildung von sog. Super PACs von Unternehmen und Verbänden in unbeschränkter Höhe Gelder anzunehmen. Die Super PACs spenden dann die Mittel an bestimmte Kandidaten und Parteien.

Vor diesem Hintergrund halten Daron Acemoglu und James Robinson in einem lesenswerten Beitrag  im Blog „Why Nations Fail“ fest, dass in der Diskussion über Super PACs das Augenmerk vielfach der Frage gerichtet werde, ob die Political Action Committees in der Lage sind, um die Kandidaten, die sie unterstützen, am Ende wählen zu lassen.

Das ist der falsche Weg, um über ein sehr ernstes Problem nachzudenken, schrieben die Autoren, die in einem Artikel („The Problem With US Inequality“) in Huffington Post argumentieren, dass die politische Ungleichheit eine ernste Herausforderung für die sog. inclusive institutions (d.h. politische Parteien) in den USA darstellt und der eigentliche Grund sei, warum „wir uns über die wachsende Ungleichheit Sorgen machen sollten. Diese Probleme sind älter als das „Citizens United“-Urteil“, so die beiden Uni-Professoren.

Lobbying und Wahlkampfspenden haben bereits einen grossen Einfluss auf die Politik und die Reichen haben eine viel besseren Zugang zu Politikern und sind in der Lage, sie von ihrer Sicht der Dinge viel leichter zu überzeugen, heben Acemoglu und Robinson hervor.


Anteil von Top1% am Einkommen, Graph: Daron Acemoglu und James Robinson

Mittwoch, 21. März 2012

Bettet sich negative Inflation in der Schweiz ein?

Die Kerninflation verbucht in der Schweiz den 5. Monat in Folge einen negativen Wert. Im Februar belief sich die Inflation (ohne frische und saisonale Produkte, Energie und Treibstoffe) auf Minus 1,2%.

Wie das von der SNB heute vorgelegte Monatsheft (März 2012) darauf hindeutet, fiel auch der getrimmte Mittelwert (TM15), der wie die Kerninflation ein geeigneteres Bild der Entwicklung der allgemeinen Inflation liefert, erstmals überhaupt in den negativen Bereich: Minus 0,1%. Der TM15 betrug in den zwei Monaten davor Null Prozent.

Die Schätzungen der Kerninflation sind nützlich, weil die am Konsumentenpreisindex (CPI) gemessene Teuerung kurzfristigen Schwankungen unterliegt.

Gemessen am Produzenten- und Importpreisindex betrug der Preisrückgang in der Schweiz im Februar 2012 innert Jahresfrist 1,9%.


Schweiz: Kerninflation und der getrimmte Mittelwert, Graph: ACEMAXX ANALYTICS

PS: Der vorübergehende Anstieg der Teuerung im März 2011 ist im Wesentlichen auf einen Sondereffekt aufgrund eines höheren Erhebungsrhythmus der Preise für Bekleidung und Schuhe zurückzuführen.

Ben Bernanke zerlegt Goldstandard

Ben Bernanke kommt an die Uni zurück und erklärt Studenten, wie die Zentralbanken funktionieren und welche Rolle sie in einer Krise spielen.

Der Chef der US-Notenbank Fed hat gestern mit seinen Gastvorlesungen an der George Washington University angefangen.

Was ist eine Zentralbank? Steht auf der ersten Folie, die Bernanke präsentiert. Eine Notenbank hat für die Stabilität zu sorgen, sowohl was die Wirtschaft, als auch was das Finanzsystem betrifft.

In der ersten (Lecture 1) im Internet live übertragenen Vorlesung („Origins and Mission of the Federal Reserve“) hebt Bernanke hervor, dass eine Notenbank über drei wichtige Instrumente verfügt: (1) Zinspolitik: Die Zentralbank erhöht (beim Aufschwung) und senkt (beim Abschwung) die Zinsen, (2) Liquiditätssteuerung (lender of last resort) und (3) Regulierung des Finanzmarktes.

Besonders bemerkenswert waren Bernankes Aussagen über den Goldstandard.  Der Fed-Präsident hat u.a. geschildert, dass man, um einen Goldstandard zu haben, in z.B. Südafrika nach Gold graben und es dann in einen Keller in New York legen müsse. Das sei unsinnig.


Goldstandard, Graph: Prof. Ben Bernanke in: “Origins of the Federal Reserve: Economic Stability Concerns”, March 20, 2012

Dienstag, 20. März 2012

ETFs im Schatten Bankensystem?

Die EU will die sog. Schattenbanken regulieren. Gemäss dem von der EU-Kommission gestern vorgestellten Green Paper soll Licht in den gesamten Finanzsektor gebracht werden.

FSB, der internationale Finanzstabilitätsrat FSB (Financial Stability Board) definiert das Schatten Bankensystem (shadow banking system) als „das System der Kredit-Intermediation, welche Unternehmen (Entitäten) und Aktivitäten ausserhalb des regulären Bankensystem umfasst“.

Diese Definition impliziert, dass das Schatten Bankensystem auf zwei ineinander verschlungenen Säulen beruht (meine freie Übersetzung).

(1) Unternehmen die ausserhalb des regulären Bankensystems in eine der folgenden Aktivitäten engagiert sind:

Annahme einer Finanzierung mit Einlage-ähnlichen Eigenschaften, Durchführung von Laufzeit und/oder Liquiditäts-Transformationen

Übertragung von Kreditrisiko-Transfer und Verwendung von direkter oder indirekter finanziellen Hebelwirkung (leverage).

(2) Tätigkeiten, die als wichtige Quellen der Finanzierung von Nicht-Banken-Unternehmen handeln könnten. Diese Tätigkeiten umfassen Verbriefung, Wertpapierleihe (securities lending), und Wertpapierpensionsgeschäfte (repo).