Freitag, 31. August 2012

SNB Devisenreserven und expansive Geldpolitik


Die Fremdwährungsreserven (ohne Goldreserven) der Schweizerischen Nationalbank (SNB) betragen per Ende Juli 406,4 Mrd. Franken (Ende Juni: 365 Mrd. Franken), wie die SNB heute mitgeteilt hat.

Der Anstieg der Fremdwährungsbestände, die mittlerweile rund 70% der Schweizer Wirtschaftsleistung ausmachen, ist wahrscheinlich im Wesentlichen auf die Devisenkäufe zurückzuführen. Die SNB verkauft Schweizer Franken und kauft andere Währungen, v.a. Euro, aber (seit 2010)  auch Aussie-Dollar, Singapur-Dollar, dänische Krone, schwedische Krone und (seit 2012) koreanischen Won.

Die SNB versucht seit einem Jahr, den Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro zu verteidigen. Das Ziel ist, die mit hohen Kosten verbundenen schweren Auswirkungen der Euro-Krise auf die Schweizer Wirtschaft abzuwenden.

Steckt die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle, wenn also die Geldpolitik unwirksam wird, weil der Nominalzins bereits nahe Nullgrenze liegt, hat die Zentralbank keine andere Wahl, als auf unkonventionelle Massnahmen in einer Extremsituation zurückzugreifen. Es geht also nicht darum, den Wettbewerb zu verzerren, sondern Störungen entgegenzuwirken. Es handelt sich dabei um eine Fortsetzung der expansiven Geldpolitik mit anderen Mitteln.


US-Dollar- und Euro-Wechselkurs gegenüber dem Schweizer Franken, Graph: SNB, Quarterly Bulletin, June 2012

China Phänomen und US-Staatsanleihen


Rob Portman hat auf dem Parteitag der Republikaner in Tampa die Obama Regierung gegeisselt, nicht eine harte Linie gegen China zu verfolgen.

Die Rede des Senators der republikanischen Partei für Ohio bietet eine nette Abwechslung von all den Lügen in Tampa, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog. Denn Portman liefert einige gute altmodische Vorstellungen über die fehlgeleitete Makroökonomie.

Portmans Begründung ist nämlich völlig falsch: „Obama legt sich mit China nicht an, weil er sich seine Billionen Dollar-Defizite sonst nicht leisten kann, wenn die Chinesen US-Staatsanleihen nicht kaufen“.

Die Frage ist aber, wie viel Übersee-Finanzierung die USA als Ganzes brauchen? Die Antwort ist durch die Gleichung gegeben: Kapitalzuflüsse = Leistungsbilanzdefizit.

Wie sieht der Verlauf des Leistungsbilanzdefizits im Verhältnis (in %) zum BIP in der Obama-Ära aus? Rückgängig.

Wie ist es aber möglich, dass die USA im Ausland weniger Kredit aufnehmen, während das Haushaltsdefizit im Inland zunimmt? Die Antwort ist, dass der private Sektor Schulden abbaut (deleveraging). Das bedeutet, dass die privaten Haushalte Überschuss bilden, während Unternehmen sich mit Investitionen angesichts der schwachen Nachfrage zurückhalten. Das zunehmende Haushaltsdefizit hat diesen Umzug nur teilweise kompensieren können, sodass die gesamte Kreditaufnahme im Übersee zurückgegangen ist.


US-Leistungsbilanzdefizit im Verhältnis zum BIP, Graph: Prof. Paul Krugman

Donnerstag, 30. August 2012

Schweizer Wirtschaftswachstum 2011


Die Schweizer Wirtschaft ist 2011 um 1,9% gewachsen (2010: +3,0%). Unter Berücksichtung eines allgemeinen leichten Anstiegs des Preisniveaus registrierte das BIP zu laufenden Preisen ein Plus von 2,2%, wie das Bundesamt für Statistik BFS heute mitgeteilt hat.

Die Summe der Einkommen der gebietsansässigen Einheiten (BNE) ging laut BFS 2011 um 1,1% zurück. In den vergangenen Jahren gab es hier deutliche Zunahmen zuvor: 2010: +3,7% und 2009: +7,0%.

Die starke Abnahme des Bruttonationaleinkommens (BNE) ist auf die Vermögenserträge, die aus dem Ausland zufliessen (-16,5%), zurückzuführen. Das negative Ergebnis aus dem Ausland hat mit dem Rückgang der Einnahmen (bedingt durch den Wechselkurs) aus den Direktinvestitionen zu tun.


Schweizer BIP, Graph: SECO, Staatssekretariat für Wirtschaft

Wenn Zinssätze negativ werden


Die Erholung der Wirtschaft kommt niicht vom Fleck. Es gibt Stimmen, die danach rufen, dass die Fed die Zinsen unter Null senken soll, um mehr Stimulus zu gewährleisten. Eine Möglichkeit, kurzfristige Zinsen negativ zu gestalten, ist, den sog. IOER-Satz unter Null zu senken. Das heisst, dass die Banken für die Guthaben, die sie bei der US-Notenbank unterhalten, eine Art Gebühr zahlen müssten, wie die Zentralbank Dänemark es handhabt.

Kenneth Garbade und Jamie McAndrews befassen sich in einem lesenswerten Artikel ("If Interest Rates Go Negative ...Or, Be Careful What You WIsh For") mit einigen der möglichen Folgen, ohne allerdings dafür oder dagegen zu plädieren.

Die Autoren, Federal Reserve Bank of New York legen nahe, dass deutlich negative Zinssätze (d.h. unter 50 Basispunkten) eine Vielzahl von Finanzinnovationen auslösen würden, wie z.B. Spezial-Zweck-Banken (special-purpose banks) und die Verwendung von zertifizierten Bankchecks (certified bank checks) in grossen Transaktionen. Aber auch neue Präferenzen wie z.B., dass Marktteilnehmer Anreize hätten, Zahlungen (Ausgänge) schneller zu leisten und Zahlungen (Eingänge) langsamer zu beziehen.

Solche Entwicklungen dürften in einer freien Marktwirtschaft für Finanzdienstleister und Regulierungsbehörden neue Probleme hervorrufen, wenn die Produkte und Dienstleistungen nicht in der beabsichtigten Art und Weise verwendet würden, wie z.B. Entstehung von neuen Arten des systemischen Risikos.

Die übliche Gegenerwiderung für negative Zinsen ist, dass negative Zinssätze nicht möglich sind. Marktteilnehmer würden es einfach vorziehen, Cash zu halten. Aber Cash ist nicht eine realistische Alternative für Unternehmen und die Regierung und lokale Behörden oder für wohlhabende Bürger. Cash bedarf (a) grosser Räumlichkeiten. Die grösste Denomination, die heute verfügbar ist, 100$ Schein. 1 Mio. $ bedeutet 10‘000 Dollar-Scheine (in 100$ Noten). (b) der Transport ist kostspielig. Und (c) es gibt Sicherheitsprobleme. Schliesslich müsste das US-Schatzamt (Department Bureau of Engraving and Printing) (d) Haufen neue Noten drucken.

Giroguthaben der Banken bei der Zentralbank


Die EZB hat am 5. Juli den Zinssatz für die Einlagefazilität von 0,25% auf 0,00% gesenkt. Die Zentralbank von Dänemark hat am gleichen Tag den Einlagensatz auf Minus 0,2% festgelegt. Das heisst, dass die Banken für die Einlagen, die sie bei der Zentralbank hinterlegen, eine Art Gebühr zahlen müssen.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen wird nun immer wieder die Frage aufgeworfen, was passieren würde, wenn auch die Fed den Zinssatz für die Einlagen der Banken von heute 0,25% auf 0,0% senken würde. Einige Leute wundern sich, ob die Banken weiter so viel Giroguthaben bei der Fed unterhalten würden und stattdessen damit beginnen würden, mehr Kredit zu vergeben.

Gaetano Antinolfi und Todd Keister erklären in einem unbedingt lesenswerten Artikel („Interest on Excess Reserves and Cash „Parked“ at the Fed“) auf der Home Page von Federal Reserve Bank of New York, dass die Senkung des Zinssatzes IOER auf Null keine bedeutende Auswirkung auf die Menge der Gelder, die die Banken bei der Fed als Reserve deponieren, entfalten würde.

Die Giroguthaben, die die Banken bei der US-Notenbank halten, sind seit 2008 dramatisch gestiegen, wie in der Abbildung zu sehen ist. Die überwiegende Mehrheit dieser Mittel stellt Überschussreserven (excess reserves) dar. Es handelt sich dabei um Reserven, die die Summe der Mindestreserveanforderungen übersteigen.

Um die Frage zu beantworten, ob eine Senkung des IOER-Satzes auf Null die Banken veranlassen würde, das Kreditvergabe-Geschäft anzukurbeln,  schlagen die Autoren vor, einen Blick auf die Bilanz der Fed zu werfen.


Guthaben der Geschäftsbanken bei der Fed, Graph: Federal Reserve Bank of New York

Mittwoch, 29. August 2012

Geldmultiplikator im Euro-Raum


Der Geldmultiplikator im Euro-Raum deutet auf keine Inflation hin. Das Wachstum der Geldmenge M3 lag im Juli bei 3,8% (Juni: 3,2%), wie die EZB gestern mitgeteilt hat. Im gleitenden 3-Monats-Durchschnitt (von Mai bis Juli) hat sich der Geldaggregat um 3,4% (Vormonat 3,0%) erhöht. Aber die gesamte Kreditvergabe durch die Banken an den privaten Sektor war auch im vergangenen Monat mit -0,6% (Juni: -0,4%) rückgängig.

Da in der Wirtschaft angesichts des de-leveraging-Schocks kaum Kreditvergabe stattfindet, bildet sich der Geldmultiplikator zurück. Eine Aufblähung der Geldmenge führt m.a.W. nicht automatisch zu einer Beschleunigung der Inflation. Die Wirtschaft steckt im Euro-Raum nach wie vor in einer Liquiditätsfalle. Vor diesem Hintergrund nimmt auch die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes ab.

Wenn die Geldpolitik nicht greift, weil der nominale Zinssatz bereits nahe Nullgrenze liegt, ist die öffentliche Hand gefordert, die Ausgaben zu erhöhen, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln.


Geldmultiplikator im Euro-Raum, Graph: Morgan Stanley, Research Team Europe

Finanzierungslücke an der Peripherie der EU


Die Banken aus dem Kern der EU ziehen sich aus der Peripherie der EU zurück. Die neuesten Daten aus der Bundesbank zeigen, dass die deutschen Banken die Verkleinerung des Geschäftes an der EU-Peripherie fortsetzen. Das Volumen ist mittlerweile auf 227 Mrd. Euro zurückgefallen, was dem Niveau von 2004 entspricht. Der Spitzenwert betrug im Jahr 2008 520 Mrd. Euro, wie Morgan Stanley in einer heute vorgelegten Analyse unterstreicht.

Das Research Team Europe von Morgan Stanley nennt es „Balkanisierung und Disparität des europäischen Banking-Systems“, was als eine wichtige Besorgnis betrachtet wird, weil die Straffung des Geschäfts durch das Bankwesen im Kern der EU mit den sich bereits verschlechternden Konditionen am Kreditmarkt an der Peripherie zusammenfällt.


Finanzierungslücke (funding gap): Deutsche Banken vs. Volkswirtschaften an der EU-Peripherie, Graph: Elga Bartsch, Morgan Stanley

Die Finanzierungslücke (in Mrd. Euro) wird definiert durch Vermögenswerte im Inland minus Verpflichtungen im Ausland

Wie kann ein Zinssatz negativ sein?


Warum kauft jemand ein Wertpapier für weniger als nichts? Diese Frage stellt sich heute am kurzen Ende der Ertragskurve in einigen europäischen Staaten.

Auch in der Schweiz sind die Renditen am Geldmarkt negativ. Auf den wöchentlichen Versteigerungen der Geldmarkt-Papiere ergibt sich seit einem Jahr negative Renditen. 

Auch gestern hat die schweizerische Finanzverwaltungsbehörde ein Geldmarktpapier mit 3 Monaten Laufzeit (29. Nov 2012) zu einer Rendite von Minus 0,532% verkauft. Auf der Auktion gingen Gebote in Höhe von 2‘852 Mio. Franken ein. Zugeteilt wurden 952,3 Mio. Franken mit einem Einheitspreis von 100,089%. Diese war übrigens die 54. Auktion in Folge mit einem negativen Rendite-Ergebnis.

(1) Es gibt Investoren, die die Mittel routinemässig in risikofreie Papiere anlegen müssen. Wenn es kein alternatives Instrument gibt, welches eine positive reale Rendite bietet, haben passiv verwaltete Fonds keine Wahl, unabhängig vom Preis die Papiere mit negativer Rendite zu kaufen.

(2) Angesichts der anhaltenden Spannungen im Euro-Raum sorgt die Flucht in sichere Anlagen (zunehmende Risikoaversion) teilweise für ein Renditeniveau unter der Null-Marke.

(3) Es gibt viele ausländische Investoren, die aus Gründen der Diversifikation sichere Papiere in Schweizer Franken erwerben.

(4) Es gibt auch einen technischen Aspekt. Die eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) akzeptieren seit dem 18. August 2011 auch Angebot mit einem Preis über 100%, wodurch es nun auch zu negativen Auktionsrenditen kommt.


Schweiz Rendite Geldmarktpapiere, Graph: SIX Swiss Exchange

Dienstag, 28. August 2012

Geldpolitik der Fed seit Beginn der Finanzkrise


Die Fed New York hat am Donnerstag mitgeteilt, dass sie die verbliebenen Wertpapiere aus ihrem Portfolios “Maiden Lane III” verkauft und das Kapitel “AIG” erfolgreich abgeschlossen hat.

James Hamilton nimmt die Gelegenheit in Econbrowser wahr und lässt die Geldpolitik der US-Notenbank seit dem Ausbruch der Finanzkrise Revue passieren.

Der erste Punkt, den der an der University of California, San Diego lehrende Wirtschaftsprofessor betont, ist, dass die Strategie der Fed im Jahre 2008, was den Einsatz der Instrumente betrifft, sich von der Strategie ab 2009 deutlich  unterscheidet. Die Fed hat 2008 eine Reihe von Sofortmassnahmen (emerging lending) verabschiedet, die in der folgenden Abbildung als orange dargestellt sind.

Die einzelnen Komponente der Kreditvergabe durch die Fed waren Currency Swaps, Commercial Paper Funding Facility, Term Auction Facility. Die meisten davon wurden im März 2010 zu Ende geführt, wobei alle Kredite mit Zinsen zurückbezahlt worden sind. Die Term Asset-Backed Securities Loan Facility hat etwas länger gehalten als der Rest der Kreditfazilitäten.

Die Fed-Strategie war: allmählich verkaufen und abschreiben. Am Donnerstag hat die Fed angekündigt, dass sie „ML III“ mit Erfolg abgeschlossen hat, und zwar mit einem Gewinn von rund 2,8 Mrd. $ für die Steuerzahler. Hamilton ist erstaunt, dass die Fed einen Gewinn meldet. Denn es war bisher anzunehmen, dass die Fed diese Positionen im Verlauf der Zeit abschreiben würde. Weitere Informationen werden am 23. November bekanntgegeben.


Fed Bilanz Vermögenswerte (assets), Graph: Prof. James Hamilton in Econbrowser

Deutschland und die Idee eines Staatsfonds


Soll Deutschland einen Staatsfonds gründen? Ja, sagen Daniel Gros and Thomas Mayer in einem Artikel (“Eurozone needs a German sovereign wealth fund”)  in FT.

Warum? (1) weil der öffentliche Sektor nicht in der Lage ist, hohe Überschüsse an Ersparnissen intermediär effizient zu vermitteln, und (2) weil die EZB an deutsche Banken einen nominalen Zinssatz von Null Prozent offeriert, woraus sich negative Erträge für die Sparer ergeben, begründen die Autoren ihren Vorschlag.

Es soll daher ein Staatsfonds (SWF: Sovereign Wealth Funds) gegründet werden, um Deutschlands Überschüsse zu verwalten. Daniel Gros, Direktor bei der Centre for European Policy Studies in Brüssel und Thomas Mayer, Deutsche Bank tragen folgende Argumente vor.

Der Staatsfonds wäre ein sicheres Medium. Der Staatsfonds würde eine positive Realverzinsung garantieren. Der Staatsfonds hätte ein diversifiziertes Portfolio. Der Staatsfonds würde auch ausserhalb der Euro-Zone investieren, so dass sich der Euro abwerten würde. Die Länder an der EU-Peripherie würde dadurch ihre Exporte steigern, und die Ungleichgewichte würden verschwinden. Deutschlands ausländische Vermögenswerte bei der EZB würden mehr als Null Prozent Ertrag abwerfen.

Was hat das alles mit der wahren Ursache der Euro-Krise zu tun? Nichts. Die riesige Lücke in Wettbewerbsfähigkeit unter den EU-Mitgliedsstaaten, die aufgrund der deutschen Lohndumping-Politik seit der Einführung der Gemeinschaftswährung besteht, wird damit weder angesprochen noch angepackt.

Montag, 27. August 2012

Goldstandard und Deflation gehen Hand in Hand


Paul Krugman hatte vor einem Jahr gestützt auf das Hotelling Modell erklärt, wie der Anstieg des Goldpreises zu verstehen ist. Es lohnt sich heute, seinen Blog-Eintrag (nur für Streber) nachzulesen. Die ganze Geschichte hat mit dem starken Rückgang der realen Zinsen in Folge der Finanzkrise zu tun. Angesichts der Depression rechnen die Investoren zunehmend damit, dass die Investitionen im Allgemeinen weniger Erträge abwerfen.

Die Hotelling-Regel legt nahe, dass die Menschen dazu neigen, erschöpfbare Ressourcen zu horten, anstatt zu verwenden, weil sie erwarten, dass sie in Zukunft mit einem Preisanstieg belohnt werden würden. Der Anstieg des Goldpreises hat daher mit Inflationserwartungen nichts zu tun. Der Goldpreis steigt, weil die Rendite von anderen Investitionen fallen. Die Gold-Story hat deswegen mit dem Verlauf der realen Zinsen zu tun.

Der Anstieg des Goldpreises ist also kein Anzeichen für eine hohe Inflation, die  um die Ecke lauert, sondern das Ergebnis einer anhaltend angeschlagenen Wirtschaft (Depression), die in einer Liquiditätsfalle steckt, d.h. einer Wirtschaft, die einer Gefahr der Deflation à la Japan gegenübersieht, als einer Inflation à la Weimar.

Wenn wir heute Goldstandard hätten, hätten wir eine tiefe Deflation. Warum? Weil der reale Preis des Goldes steigen müsste. Warum? Weil man versucht, das nominale Preisniveau an Gold zu binden. Das ist nur durch eine verwüstende Deflation möglich.

Wie Goldstandard heute zu Deflation führen würde


Paul Krugman befasst sich in seinem Blog weiter mit der kürzlich wiederbelebten und wirklich schrecklichen Vorstellung des Goldstandards durch die GOP.

Die Idee, Goldstandard wiedereinzuführen, ist in der Tat furchtbar . Matthew O’Brien macht in The Atlantic einen offensichtlichen Punkt: wer glaubt, dass die Ära des Goldstandards durch Preisstabilität geprägt war, oder in dieser Hinsicht eine Art von Stabilität, schaut sich Beweise nicht an. Die Tatsache ist, dass die Preise unter diesem gefährlichen inflationären Ben Bernanke weit mehr stabil gewesen sind, als sie jemals im Goldstandard waren.

Krugman legt einen anderen Blickwinkel dar. Es gibt eine erstaunlich weit verbreitete Sicht, dass das Gold zumindest in Sachen Kaufkraft stabil sei. Aber nichts könnte von der Wahrheit so weit fern liegen. Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor liefert dazu die folgende Abbildung.

Es gibt einen ziemlich grossen Variationsbereich. Was ist los?

Es gibt möglicherweise Bubble-Aspekte. Aber es gibt auch eine ziemlich klare (und ökonomisch verständliche) Beziehung zwischen dem realen Preis und dem realen Zinssatz: wenn die Realzinsen niedrig sind, sind die realen Goldpreise hoch.


Der reale Goldpreis (um den Konsumentenpreisindex, CPI bereinigt) seit 1968, Graph: Prof. Paul Krugman

Sonntag, 26. August 2012

EZB versus Bundesbank: Ein Hahnenkampf?


Bundesbank-Präsident Jens Weidmann kritisiert die Pläne der EZB, ein neues Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen in Angriff zu nehmen, wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel (via Reuters) berichtet. Die Einzelheiten eines zweiten Anleihe-Kaufprogramms dürften am 6. September auf der nächsten EZB-Ratssitzung bekanntgegeben werden.

Im Interview fallen u.a. folgende Argumente auf, die zitiert werden:

(a) Notenbankfinanzierung kann wie eine Droge süchtig machen.

(b) Die Unabhängigkeit der Notenbanker wird gefährdet.

(c) Ein Geldsegen der Zentralbanken weckt anhaltende Begehrlichkeiten.

(d) Die Steuerzahler der anderen Länder werden durch den Aufkauf von Staatsanleihen belastet.

(e) In einer Demokratie sollten über eine so umfassende Vergemeinschaftung von Risiken die Parlamente entscheiden und nicht die Zentralbanken.

(f) Es ist keine unmittelbare Inflationsgefahr zu sehen.

Ad (a) Da ich mich mit Drogen und Sucht nicht auskenne, kann ich dazu nicht viel sagen.

Ad (b) Ist es aber nicht die Aufgabe der Zentralbanken, die Märkte zu beruhigen? Der Gründungszweck von meisten Zentralbanken war, für die Finanzstabilität zu sorgen. Von einer „Verknüpfung von Fiskal- und Geldpolitik“ zu reden, ist daher historisch nicht konsistent.

Lehren über die Inflation


Eines der Themen, die im Sog der Krise immer wieder auftauchen, ist, dass die schwere Rezession ein Testfeld für die Wirtschaftslehren darstellt.

Leute kamen in diesen Schlamassel mit sehr unterschiedlichen Ansichten über die Funktionsweise der Wirtschaft und die Krise hat in der Tat natürliche Experimente geliefert, welche diese Ansichten testen, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog.

Was wir bekommen haben, war v.a. ein Test der Nachfrageseite versus Angebotsseite über das Wesen der Depression. Ökonomen auf der Nachfrageseite, wie z.B. Krugman betrachten die Krise als durch unzureichende Ausgaben verursacht: v.a. dank dem Überhang an Schulden aus den Jahren der Spekulationsblase (bubble). Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ist ins Stocken geraten, was die Wirtschaft in eine klassiche Liquiditätsfalle geschickt hat.

Aber viele Menschen, einige davon qualifizierte Ökonomen, bestanden darauf, dass es tatsächlich eine Art Angebotsschock war, legt Krugman dar. Sie hatten entweder eine Austrian Story, wo die produktive Kapazität der Wirtschaft durch die Fehlinvestitonen im Boom unterminiert war, oder sie behaupteten, dass Präsident Obamas hohe Steuern und Regulierung den Anreiz unterminiert hätten, Arbeit zu leisten. Obama hat natürlich nicht wirklich hohe Steuern eingeführt oder lästige Regulierung umgesetzt. Das ist aber ein anderes Thema.


Inflation laut BPP-Index, Graph: The Billion Prices Project (MIT) via Prof. Paul Krugman

Samstag, 25. August 2012

Euro-Krise aus Sicht von Hayek und Keynes


Europa täuscht sich, wenn es nach wie vor daran glaubt, dass unverantwortliche Haushaltsführung in einigen Ländern die Ursache der Euro-Krise ist. Es bedarf angesichts der Massenarbeitslosigkeit keines weiteren Beweises, dass die harsche Austeritätspolitik die falsche Antwort auf die Finanzkrise ist.

Wie sieht aber der Kontrast zwischen den Ansichten à la Hayek und Keynes im Einzelnen aus? Die Public Group an der London School of Economics hat zwei erfahrene Ökonomen gebeten, dazu Stellung zu nehmen. Steven Horwitz präsentiert die Situation aus Sicht von Hayek. Simon Wren-Lewis legt die keynesianische Sicht dar.

In seinem Blog bemerkt Wren-Lewis dazu, dass ihm dabei vor allem die Kluft zwischen seiner eigenen Perspektive (die nicht besonders originell sei, und sich im Wesentlichen auf die Arbeit von Paul De Grauwe stütze) und der von meisten politischen Entscheidungsträgern im Euro-Raum aufgefallen ist. Die Kluft gehe bis auf die Gründung der Währungsunion zurück.

Ein Grossteil der akademischen Arbeit vor 2000 schenke die Aufmerksamkeit nach den Aussichten für den Euro im Hinblick auf asymmetrische oder länderspezifische Schocks oder asymmetrische Anpassungen im Zusammenhang mit allgemeinen Schocks wegen der strukturellen Unterschiede zwischen den Ländern. 

Wren-Lewis hingegen richtet das Augenmerk nach der positiven Rolle, die die Fiskalpolitik spielen könnte, das Problem zu mindern. Doch die meisten europäischen Politiker wollen davon nichts wissen. Stattdessen fokussieren sie auf das Potenzial, was eine Gemeinschaftswährung für eine verschwenderische Haushaltspolitik bietet, weil Marktdisziplin dadurch verringert werde.

Geistiger Verfall der geldpolitischen Art


Mitt Romney, der Kandidat der Republikanischen Partei für die Präsidentschaftswahl 2012 hat neulich erklärt, dass er die Absicht habe, Ben Bernanke zu ersetzen. Begründung: Fed-Chef verfolgt eine aggressive Geldpolitik, um die Rezession zu bekämpfen.

Eigentlich ist die Geldpolitik der Fed heute nicht aggressiv genug. Aber das ist ein anderes Thema.

Romney sagt, dass er sicherstellen will, dass die Fed sich auf die Aufrechterhaltung der Währungsstabilität konzentrieren soll, die zu einem starken US-Dollar führt und das Vertrauen steigert, dass Amerika nicht den Weg geht, den die anderen Länder zu ihrem Nachteil gegangen sind.

Paul Krugman bemerkt dazu in seinem Blog, dass es mal eine Zeit gab, nicht lange her, wenn die Republikaner, was auch man von ihren anderen Ideen immer halten mag, zum etablierten Konsens über die Geldpolitik gehörten. Im Wirtschaftsbericht des US-Präsidenten von 2004 steht beipielsweise zu lesen (vermutlich von Greg Mankiw geschrieben), dass aggressive Geldpolitik die Tiefe einer Rezession verringern kann.

Und die GOP bereitet heute angeblich eine Plattform dafür vor, Schritte in Richtung auf eine Rückkehr des Goldstandards zu fordern, legt Krugman dar.

Das wirklich Merkwürdige an all dem ist, dass diese Hinwendung zu hard-money Mystik gerade dann stattfindet, auch wenn die Ereignisse beweisen, dass die Vorteile dessen, nicht in einem Goldstandard zu leben, und eine Fiat-Geld (fiat currency) zu haben, die in Notfällen frei gedruckt werden kann, sogar noch grösser sind als die Standard-Analyse nahelegen würde.


Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP: Spanien (blaue Kurve) versus Grossbritannien (rote Kurve), Graph: Prof. Paul Krugman

Freitag, 24. August 2012

Goldstandard und Fractional Reserve Banking


Brad DeLong deutet in seinem Blog auf einen lesenswerten Artikel von Barry Eichengreen (“A Critique of Pure Gold”) hin. Es geht dabei um eine kritische Auseinandersetzung mit Gold und Goldstandard.

DeLong fügt dazu, dass reale Randites (*) wie Paul Ryan sich gegen den gesamten Finanz-Apparat stellen, welcher dafür sorgt, dass wir nicht Gold-Barren mit uns herumtragen müssen: fractional-reserve banking, Papiergeld, Kreditkarten, Schecks, Wechsel gehören auch dazu, die die Randites nicht mögen.

(*) Die Anhänger von Ayn Rand, der Autorin des Buches „Atlas Shrugged“ („Atlas wirft die Welt ab oder Wer ist John Galt?“).

Gold als Geld?


Die republikanische Partei gründet eine Kommission, um Goldstandard wieder einzuführen, wie FT aus London berichtet.

Ziel ist, die Unabhängigkeit der USA zu sichern. Die Kommission soll auf dem Parteitag in Tampa Bay, Florida die Geldpolitik der US-Notenbank überprüfen.

Der Goldstandard, der während des Ersten Weltkriegs suspendiert worden war, hatte danach an Bedeutung verloren. US-Präsident Richard Nixon hat am 17. August 1971 (*) die Bindung des Dollar an Gold aufgehoben, und damit das sog. gold window endgültig geschlossen.

Ein Problem im Goldstandard war, dass die Goldproduktion sich auf die damalige Sowjet Union und Südafrika konzentrierte. Der Westen war nicht bereit, das internationale monetäre System von einem kommunistischen Land untergraben zu lassen. Ein weiteres Problem war, dass es nicht genug Gold gab, um das zunehmende Volumen an internationalen Transaktionen zu unterstützen.

Wenn die Weltwirtschaft schneller wächst als die Entdeckung von Goldvorkommen, dann gewinnt der Gold im Verhältnis zu anderen Gütern an Wert, weil der Dollar an Gold gebunden ist, fallen die Preise überall, wie Simon Johnson und James Kwak in ihrem lesenswerten BuchWhite House Burning“ beschreiben.

Der Goldstandard und das Fehlen einer Zentralbank bedeuten, dass es keinen Weg gibt, die Geldmenge (Geldangebot) zu erhöhen, um die Deflation zu verhindern. Da jedes Land den Wert der eigenen Währung an den Gold bindet, werden auch die Wechselkurse aneinander gebunden.

US-Wahlkampagne: Galt und Gold


Paul Ryan, der mutmassliche republikanische Kandidat für die Vizepräsidentschaft ist ein Mann mit vielen Ideen, die normalerweise eine gute Sache wäre, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Galt, Gold and God“) am Freitag in NY Times.

In seinem Fall scheinen die meisten dieser Ideen jedoch aus Werken der Fiktion zu kommen, insbesondere aus Ayn Rands  Roman „Atlas Shrugged“, hebt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor hervor. Es ist wahr, dass Ryan in den letzten Jahren versucht hat, seinen Randismus herunterzuspielen, indem er es ein „urbane Legend“ genannt hat. Es ist nicht schwer, zu sehen, warum: Rands glühender Atheismus, abgesehen von ihrer Erklärung, dass Abtreibung ein moralisches Recht ist, ist nicht, was die GOP Basis hören will.

Ryan ist aber unaufrichtig. Im Jahr 2005 hat er Atlas Society gesagt, dass sie seine politische Karriere inspriert hat: „wenn ich einen Denker ehren müsste, eine Person, dann wäre sie Ayn Rand“. Ryan hat erklärt, dass Rands Arbeit für seine Mitarbeiter und Praktikanten eine Pflichtlektüre ist.

Und Ryans Fiskal-Programm reflektiert deutlich Randian Vorstellungen. Er ist todernst über Steuersenkungen für die Reichen und Kürzung der Sozialhilfen für die Armen, sehr im Einklang mit Rands Anbetung des Erfolgreichen und Verachtung des Schnorrers.

Ryan versucht ganz explizit, den Armen das Leben schwerer zu machen, für ihr eigenes Wohl. Im März hat er seine Sparmassnahmen dargelegt. „Wir wollen nicht, dass das soziale Sicherheitsnetz sich zu einer sozialen Hängematte verwandelt, was körperlich leistungsfähige Menschen einlullt, in Abhängigkeit und Selbstzufriedenheit zu leben“.

Im Visier der US-Politik: Rückkehr des Goldstandards


Der Goldstandard kehrt zum ersten Mal seit 30 Jahren in die etablierte US-Politik zurück. Die Republikanische Partei bildet laut einem Bericht von FT eine „Gold Komission“ als Teil der offiziellen Politik.

Entwürfe der Partei-Plattform, welche auf einem Kongress in Tampa Bay, Florida nächste Woche übernommen wird, legen nahe, dass eine Kommission untersuchen soll, die Verbindung zwischen dem Dollar und dem Gold wiederherzustellen.

Vor diesem Hintergrund erinnert Mark Thoma in seinem Blog an einen lesenswerten Artikel („The Gold Bug Variations“) in Slate von Paul Krugman aus dem Jahr 1996.

Wie Krugman bemerkt, denken sehr wenige Ökonomen daran, dass es eine gute Idee wäre, einschliesslich der Ökonomen, wie Thoma annimmt, die kürzlich eine Petition unterzeichnet haben, um Mitt Romneys Wahlkampagne zu unterstützen. Die Volkswirte versuchen, einerseits eine Kommission zusammenzustellen, um die Gold Bugs zufrieden zu stellen. Andererseits lassen sie zu, dass diejenigen, die wissen, dass es verrückt ist, annehmen, dass die Kommission es eigentlich nie tun würde, etwa so, wie die Republikaner mit ihrem Haushaltsplan umgehen.

Donnerstag, 23. August 2012

Würde die EZB eine Obergrenze für Spreads ankündigen?


Die Welt Online berichtet von „geheimen Zinszielen der EZB“. Die europäischen Währungshüter planen demnach, mit der Einführung einer Zins-Obergrenze die Spannungen am Markt zu unterbinden.

Ein ähnlicher Ansatz wurde (1) von Paul de Grauwe zuletzt im INET Blog längst geschildert und angedeutet. Der an der London School of Economics lehrende Wirtschaftsprofessor legt nahe, dass die EZB eine Obergrenze (cap) für die Risikoaufschläge (spreads) für spanische und italienishe Staatsanleihen ankündigen soll, z.B. um 300 Basispunkte. Eine solche Ankündigung wäre glaubwürdig, wenn die EZB sich verpflichten würde, ihre volle Feuerkraft einzusetzen, die unendlich ist, um das Ziel zu erreichen.

Das Gegenstück einer Obergrenze ist eine Untergrenze (floor) für Anleihepreise. Das heisst, dass die EZB garantiert, dass die Preise der Staatsanleihen nicht unter einen von ihr festgelegten bestimmten Wert fallen. Die 300 Basispunkte würden eine Art Strafe für Spanien und Italien darstellen und den Anreiz liefern, die Staatsverschuldung nicht höher steigen zu lassen.

Ein ähnlicher Ansatz wird (2) von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) seit fast einem Jahr erfolgreich angewendet. Die SNB hat am 6. September 2011 einen Mindestkurs von 1.20 Franken je Euro festgelegt, um einen (durch Spekulanten am Devisenmarkt auszulösenden) Kollaps der Wirtschaft zu verhindern. Die Untergrenze wurde nicht eingeführt, um den Wettbewerb zu verzerren, sondern um in Folge der harschen Austeritätspolitik der EU enstandenden Verzerrungen zu begegnen.

Vorrangstellung (seniority) der EZB


Es wäre wesentlich einfacher, die Euro-Krise anzupacken, wenn die EZB endlich anfangen würde, wie eine Zentralbank zu agieren. Dazu gehört sicherlich die Wahrnehmung der Funktion als „lender of last resort“. Die EZB müsste jedoch in diesem Zusammenhang den Anspruch auf Vorrangstellung (seniority), die im Fall eines Zahlungsausfalls (default) in einem der von der Krise geplagten Länder zur Geltung kommt, aufgeben.

Indem die EZB auf den bervorzugten Gläubigerstatus beharrt, erschwert sie die Situation für die privaten Gläubiger, Staatsanleihen aus der Peripherie zu kaufen oder zu halten, wie Paul de Grauwe längst in einem lesenswerten Artikel in INET Blog geschildert hat. Behält die EZB den Anspruch auf Vorrangstellung als Gläubiger mit senior tranche bei, bedeutet es, dass die privaten Gläubiger ein höheres Risiko tragen müssen. Kein Wunder, dass die Gläubiger mit junior tranche höhere Risikoprämien (bzw. Rendite) verlangen.

Zur Erinnerung: Im Fall der Umschuldung von Griechenland war es so, dass die privaten Gläubiger auf mehr als 50% ihrer Forderungen (gemessen am Nominalwert der Anleihen) verzichten mussten, während die EZB ihren Bestand an Anleihen (ca. 50 Mrd. Euro) zum gleichen Nennwert in neue Staatsanleihen hat tauschen dürfen.

Jörg Asmussen, Mitglied des EZB-Direktoriums hat kürzlich in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau angekündigt, dass die EZB „im neuen Ankaufsprogramm dieses Problem lösen will, dass private Investoren meinen, die EZB habe einen bevorzugten Gläubigerstatuts. Das erschwert den betroffenen Ländern eine Rückkehr an den Kapitalmarkt, weil private Investoren ihren Status als unsicher empfinden und sich vom betroffenen Land abwenden“. Die EZB will ausserdem auch „nur noch Anleihen mit kurzen Laufzeiten kaufen, weil das der zeitliche Horizont ist, auf den unsere Geldpolitik abzielt“, erklärt Asmussen.


Senior Tranche und Risikoaufschläge (spreads) von Staatsanleihen der EU-Länder in Krise, Graph: Prof. Frank Westermann and Sven Steinkamp in voxeu

Die Abbildung zeigt die Differenz zwischen den Renditen der Staatsanleihen aus Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien (im Durchschnitt) und Deutschland mit 10 Jahren Laufzeit.

Die Senior-Tranche (rechte Skala) umfasst nebst Staatsanleihen auch die Kreditvergabe durch EFSF, IWF, Target2 Verpflichtungen der EZB.

Mittwoch, 22. August 2012

SNB, Notenbankgeldmenge und Mindestkurs


Die Notenbankgeldmenge ist in der Schweiz im Juli um 41,3 Mrd. Franken auf 315,3 Mrd. Franken gestiegen, wie die SNB im gestern vorgelegten Monthly Statistical Bulletin August 2012 berichtet.

Damit liegt die Geldbasis heute um 305% höher als im Vorjahr (Juli 2011: 77,8 Mrd. Franken). Die Notenbankgeldmenge besteht aus Giroguthaben der Banken bei der SNB und Notenumlauf.

Die Liquidität liegt m.a.W. auf den Girokonten der inländischen Banken. Solange die unbenutzten Mittel via Kreditvergabe nicht in der Realwirtschaft ankommen, besteht keine Inflationsgefahr (*). Ganz im Gegenteil: Das Preisniveau fällt in der Schweiz anhaltend weiter. Die Monatsteuerung im Juli: -0,5%. Die deflationäre Tendenz hat sich zwar etwas abgebremst worden, aber die Inflation verläuft insgesamt weiterhin negativ.

Wie in der von der ZKB heute präsentierten Abbildung zu sehen ist, ist die Kreditvergabe im Inland stagnant.


Schweiz Geldmenge M3 und Kreditvergabe im Inland, Graph: ZKB in: Daily Opinion, August 22, 2012

Soll die Fed Inflation riskieren, um Wachstum zu fördern?


Obwohl die Inflation in den USA in den vergangenen zwei Monaten auf Null Prozent lag, warnen einige Experten die Fed noch immer davor, mehr Massnahmen zu ergreifen, um das Wachstum zu fördern, da sonst die Gefahr bestehe, dass die Inflation durch die Decke schiesse.

Was ist davon zu halten? Soll die Fed die Angst vor Inflation überwinden, um die Wirtschaft zu stützen? Vor diesem Hintergrund möchte die NY Times im Rahmen von Room for Debate (“Should the Fed Risk Inflation to Spur Growth?”)  von Mark Thoma, John H. Cochrane und Edward Harrison wissen, ob die Fed etwas mehr Inflation riskieren soll oder nicht, um die Wirtschaft anzukurbeln?

Mark Thoma bemerkt in seiner Antwort, dass die Fed wahrscheinlich nicht bereit ist, zum Nachteil von Millionen von Menschen, die wegen der Rezession keine Arbeit finden, die Erholung der Wirtschaft weiter zu unterstützen, weil sie die Kosten und Nutzen von weiteren wirtschaftspolitischen Massnahmen fehleinschätzt. Die Fed ist viel zu besorgt über das Potenzial für Inflation und viel zu pessimistisch, was die eigene Fähigkeit betrifft, die Arbeitslosenquote zu senken, legt der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor dar.

Die Überempfindlichkeit der Fed für die Inflation kommt grösstenteils von Erinnerungen an die 1970er Jahre her. Aber es gibt sehr wenig Sorgen zu rechtfertigen, dass das Inflationsproblem der 1970er Jahre sich wiederholen werde, hebt Thoma hervor.

Niall Fergusons Kritik an Kritik


Niall Ferguson hat mit seinem irreführenden Artikel in Newsweek in der Blogosphäre auf Granit gebissen. Der konservative britische Historiker hat gestern einen weiteren Artikel (4 Seiten) veröffentlicht und in einem live Interview mit dem Bloomberg TV seine wunderlichen Argumente gegen Obamas Wirtschaftspolitik noch einmal verteidigt.

Sara Eisen, Bloomberg TV hat Ferguson direkt nach seiner Einschätzung des Verlaufs der Beschäftigung im privaten Sektor (Gewinne) versus im öffentlichen Sektor (Verluste) unter Obama gefragt. Wobei es zu beachten gilt, dass die Erholung der Beschäftigung sich weiter fortsetzt, und zwar so, wie es in den vergangenen zwei Rezessionen nie erlebt worden ist.

Der an der Harvard University lehrende Professor hat geantwortet, dass es dabei nicht wirklich um einen Teil der Argumentation gehe, welche er in seinem Artikel darlege. Der Punkt sei, dass das Konjunkturpaket (stimulus) nur eine sehr kurzfristige Wirkung entfaltet habe, was sehr klar gewesen sei, wenn man sich die Beschäftigungszahlen ansehe. Es gebe einen Spitzenwert (Zacke) im Frühjahr 2010 und dann falle die Beschäftigung wieder zurück.

Invictus bemerkt dazu im Blog The Big Picture, dass die Antwort Census ist.

Die Zacke auf der Abbildung oben steht tatsächlich mit der Volkszählung (siehe auch hier und hier) im Zusammenhang. Im Mai 2010 waren beispielsweise 564‘000 Menschen von der Fed beschäftigt, legt Invictus dar.


Beschäftigung im öffentlichen Sektor: Obama versus Bush, Graph: Bloomberg TV

Bitte beachten Sie, dass Präsident Obama (die weisse Kurve) vorgeworfen wird, den Staat vergrössern zu wollen, während Bush (die gelbe Kurve) bzw. die Republikanische Partei im allgemeinen  „small government“ favorisieren.