Montag, 31. Juli 2023

Over-Tightening by the ECB

Die Fed lässt die Tür für eine weitere Zinserhöhung im September offen


Die PCE-Inflationsrate in den USA fiel im Juni auf 3%, verglichen mit 7% ein Jahr zuvor, während die Arbeitslosenquote im vergangenen Jahr stabil blieb (bei 3,6% im Juni). 

Dennoch ist die Fed nicht völlig abgeneigt, die Zinssätze weiter anzuheben. 

Warum? Um die Arbeitslosigkeit zu erhöhen?

Das ist eine berechtigte Frage. Aber wir kennen die Antwort.

Das übliche Rezept zur Bekämpfung der Inflation gemäss der vorherrschenden Theorie ist die Anhebung der Zinssätze, und zwar koste es was es wolle. 

Das heisst, dass ein Anstieg der Arbeitslosigkeit und das Risiko einer möglichen Rezession durch die geldpolitischen Entscheidungsträger bewusst in Kauf genommen wird. Dass dadurch auch die finanzielle Stabilität der Gefahr ausgesetzt wird, liegt auf der Hand.


Die Fed erhöhte am Mittwoch ihren Leitzins um 25bp auf die Spanne von 5,25 % bis 5,50 %, ein Niveau, das zuletzt kurz vor dem Immobilienmarktcrash 2007 erreicht wurde und seit etwa 22 Jahren nicht mehr dauerhaft überschritten wurde, Graph: Reuters, July 30, 2023.

Dienstag, 25. Juli 2023

Raus aus dem Ego Kapitalismus

Buchbesprechung – Book Review

Patrick Kaczmarczyk: Raus aus dem Ego Kapitalismus – Für eine Wirtschaft im Dienst des Menschen, Westend Verlag, 18 Sept 2023.


Patrick Kaczmarczyk bietet dem Leser eine tiefgründige und berechtigte Kritik am neoliberalen Kapitalismus. Es ist eine gelungene Entzauberung des marktliberalen Dogmas der letzten Jahrzehnte.

Obwohl der Neoliberalismus zunächst mit der Förderung des Marktes begonnen hat, wird er zunehmend dazu genutzt, Maßnahmen zu fördern, die die Größe des Staates verringern und Steuersenkungen für die Reichen ermöglichen.

Es ist inzwischen ein offenes Geheimnis, dass die neoliberale Politik sich selbst übertroffen und mit Brexit und Trump eine Form autoritärer Plutokratie geschaffen hat, die eine Bedrohung für die pluralistische Demokratie darstellt.

Denn Neoliberalismus ist eine politische Bewegung oder besser gesagt eine Ideologie, die „Big Government“ hasst, jede Form von Markteingriffen durch den Staat ablehnt, Geschäftsinteressen bevorzugt und sich gegen organisierte Arbeiter stellt. 

Die neoliberale Politik wurde in den vergangenen Jahrzehnten von den Geldinteressen der Rechten übernommen und gefördert. In zu vielen Ländern betrachtete die politische Rechte Sparmaßnahmen («fiscal austerity») als eine Möglichkeit, den Staat zu verkleinern.

Das Narrativ Freiheit bedeutet heute die Freiheit für das Kapital, von dem der Grossteil der Weltbevölkerung nichts hat, wie der Autor zu Recht unterstreicht.

Samstag, 22. Juli 2023

Unternehmenseinnahmen im Verhältnis zur Beschäftigung

Industrial Policy: A Global Reality


Der folgende Chart von Morgan Stanley zeigt die realen Unternehmenseinnahmen im Verhältnis zur Zahl der Beschäftigten. Es ist ein Maß, das die Gesamteinnahmen der Unternehmen mit der Zahl der Beschäftigten in diesen Unternehmen vergleicht. 

Die Kennziffer wird als Indikator für die Produktivität und wirtschaftliche Effizienz des Unternehmenssektors verwendet.

Die Zahl der Beschäftigten auf der Lohn- und Gehaltsliste bezieht sich auf die Zahl der von Unternehmen beschäftigten Personen, die i.d.R. in Vollzeitäquivalenten gemessen wird. Sie umfasst sowohl Festangestellte als auch Zeitarbeiter.

"Real" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Einnahmezahlen um die Inflation bereinigt werden, um Veränderungen der Kaufkraft des Geldes im Laufe der Zeit zu berücksichtigen. 


Die realen Unternehmenseinnahmen im Verhältnis zur Zahl der Beschäftigten, Graph: Morgan Stanley, July 17, 2023


Samstag, 15. Juli 2023

Inflationsdruck: Ausgaben versus Geld

Why isn’t the economy responding to rate increases (yet)?


Dies ist eine erstaunliche Abbildung von TS-Lombard, dem Beratungsunternehmen für makroökonomische Prognosen mit Hauptsitz in London.

Was wir sehen ist, dass die Inflation dort, wo das Wachstum schwach ist, relativ hoch notiert. 

Und die Inflation markiert dort, wo das Wachstum hoch ist, eine eher relativ moderate Entwicklung.

Der Ausbruch der Corona-Virus-Pandemie im Dezember 2019 hat ohne Zweifel einen schweren weltweiten Wirtschaftsabschwung ausgelöst, der in vielen Ländern zu Rezessionen führte. 

Lockdown-Maßnahmen und Beschränkungen für Unternehmen trugen zu einer verringerten Wirtschaftstätigkeit, Unterbrechungen der Lieferkette und einem Rückgang der Verbraucherausgaben bei.

Vor diesem Hintergrund gingen sogar manche Marktbeobachter rasch dazu über, hemmungslos das Gespenst der 1970er Jahre zurückzuholen. 

In der Tat erweckt die ungewöhnliche Konstellation den Eindruck, als ob eine «Stagflation» vorläge. Das heisst ein Konjunkturzyklus, der durch langsames Wachstum und eine hohe Arbeitslosenquote bei gleichzeitiger Inflation gekennzeichnet ist.



Der stagflationäre Schock ist nicht überall gleich, Graph: TS-Lombard, July 08, 2023

Donnerstag, 13. Juli 2023

The Capital Order

Book Review - Buchbesprechung

Clara E. Mattei: The Capital Order - How Economists invested Austerity and paved the way to fascism, Chicago University Press, 2022.


Austerität geht i.d.R. mit einer Unterdrückung der Binnennachfrage und der «Flexibilisierung der Arbeitsmärkte» einher. 

Doch diese in der Gegenwart etablierte Sichtweise dürfte laut Clara Mattei die Auswirkungen von Austerität dramatisch unterschätzen.

Die Autorin unternimmt daher in diesem Buch den Versuch, zu veranschaulichen, dass die Austerität, wie wir sie heute kennen, nach dem Ersten Weltkrieg als Methode zur Verhinderung des Zusammenbruchs des Kapitalismus entstanden ist. Mit anderen Worten ging es darum, den Faktor Kapital zu schützen und den Faktor Arbeit zu schwächen.

In der Tat zeigt die empirische Evidenz, dass die fiskalische Austerität nicht funktioniert, die erklärten Ziele wie z.B. Schuldenabbau und/oder Ankurbelung des Wirtschaftswachstums zu erreichen. 

Dass aber die Austerität, sei es fiskalisch, geldpolitisch und/oder arbeitsmarktpolitisch, dennoch von den Regierungen immer wieder (zwanghaft) angewendet wird, ist eine Form des Wahnsinns, wie Mark Blyth in seinem lesenswerten Buch (2013) bezeichnet.

Vor diesem Hintergrund sieht Clara Mattei die Austerität nicht als Reaktion auf Wirtschaftskrisen, sondern auf Krisen des Kapitalismus per se.

Und die Austerität kommt hierbei als ein wichtiges Bollwerk zur Verteidigung des kapitalistischen Systems zum Einsatz.

Dienstag, 4. Juli 2023

Inflation Drivers in Europe

Sellers’ Inflation and Profits


Der IWF schreibt in einem am Montag vorgelegten Bericht, dass steigende Unternehmensgewinne für fast die Hälfte des Anstiegs der Inflation in Europa in den letzten zwei Jahren verantwortlich sind. 

Begründung: Die Unternehmen haben ihre Preise stärker angehoben als die Kosten für importierte Energie.

Im Klartext:

Die höhere Inflation ist bisher vor allem auf höhere Gewinne und Importpreise zurückzuführen, wobei die Gewinne 45% des Preisanstiegs seit Anfang 2022 ausmachen. 

Dies geht aus unserer neuen IWF-Studie hervor, in der die am Konsum-Deflator gemessene Inflation in Arbeitskosten, Importkosten, Steuern und Gewinne aufgeschlüsselt wird. 

Die Importkosten waren für etwa 40% der Inflation verantwortlich, während die Arbeitskosten 25% ausmachten. 

Die Steuern hatten laut IWF eine leicht deflationäre Wirkung.


Steigende Unternehmensgewinne sind für fast die Hälfte des Anstiegs der Inflation in Europa in den letzten zwei Jahren verantwortlich, Graph: IMF, June 26, 2023