Mittwoch, 30. Juli 2025

EU-US Zollabkommen - Wer trägt die Kosten des Zolls?

Die USA und die Europäische Union (EU) haben sich auf ein hart erkämpftes Abkommen geeinigt, wonach die EU für die meisten ihrer Exporte, darunter auch Automobile, mit einem Zoll-Satz in Höhe von 15% konfrontiert wird. 

Damit wurde ein Handelskrieg abgewendet, der der Weltwirtschaft einen schweren Schlag versetzt hätte.

Die FAZ schreibt:


Die EU muss künftig Sonderzölle von 15% auf den Großteil ihrer Ausfuhren in die USA zahlen.


Die Art und Weise, wie die Medien oft sagen, dass „die EU Zölle zahlen wird“, ist eine Verkürzung – aber technisch gesehen irreführend.

Was sind Zölle?

Ein Zoll ist eine Steuer, die vom Einfuhrland (in diesem Fall den Vereinigten Staaten) auf Waren erhoben wird, die aus dem Ausland (z. B. aus der EU) eingeführt werden.


Die größte politische Unsicherheit dürfte hinter uns liegen, da sich der durchschnittliche effektive Zollsatz kürzlich bei etwa 15 % eingependelt hat und die Märkte ihren Fokus nun vor allem von der Politik weg verlagert haben, Graph: JPMorganAM, July 2025.


Sonntag, 27. Juli 2025

Deutschland AG? Haushaltsanalogie – Fehlschluss der Verallgemeinerung

Politiker und Experten sagen gerne, dass Staaten „innerhalb ihrer Mittel leben“ sollten – so wie ein Haushalt, der den Gürtel enger schnallt. Diese Analogie ist zwar intuitiv, aber gefährlich falsch. Länder sind keine Haushalte, und sie wie solche zu führen, führt zu einer wirtschaftlichen Katastrophe.

Ein souveräner Staat – einer, der eine eigene Währung ausgibt – ist nicht wie eine Familie oder ein Unternehmen eingeschränkt. Haushalte müssen erst Geld verdienen, bevor sie es ausgeben können. Staaten können erst ausgeben und später Steuern erheben. Sie sind die monopolistischen Geldgeber, nicht nur die Nutzer.

Der Versuch, in einer Rezession die öffentlichen Ausgaben zu kürzen, wie es die Haushalte tun, verschlimmert die Rezession nur noch. 


Sectoral Financial Balances, Graph: Prof. Stephanie Kelton, Stoney Brook University, New York.

Samstag, 24. Mai 2025

Crisis Cycle

Book Review

Crisis Cycle: Challenges, Evolution, and Future of the Euro - John H. Cochrane, Luis Garicano, and Klaus Masuch – Princeton University Press, June 2025, London, UK.


It is an open secret that the original flaws in the construction of the euro zone have still not been revised:

The EMU, European Monetary Union via Maastricht was built on monetarism. Monetarism, however, is a fiction. 

The fiction that there is a money supply that is controlled by an independent and technocratic central bank in a way that the desired inflation rate is achieved in the end.

This is the dream of many economists who believe that the money is neutral. But this assumption has absolutely nothing to do with reality. 

However, because people firmly believed in this fiction at the beginning of the 1990s, when the Maastricht Treaty was drawn up, a separation of monetary and economic policy was enshrined into the treaty that is completely unrealistic.

The authors - of this currently published book - note that they share a view that the euro and the EU are wonderful institutions. They emphasize that monetary, financial and fiscal policy are always intertwined. Yet this interaction can create incentive problems which refers to the so-called moral-hazard issue.

Their criticism is based on the fact that the EU institutions have not cleaned up after crises. This means that no sustainable framework for future monetary and fiscal policy coordination has been re-established, which would relieve the burden on the ECB. The EU and the member states should start a serious process to implement institutional reform.

Freitag, 25. April 2025

Trumps Zölle und Verbraucher-Inflationserwartungen

Trump Tariffs and Consumer Inflation Expectations

Fed versus supply-side inflation from tariffs


Angesichts der Ankündigung neuer Zölle durch US-Präsident Donald Trump sind die kurz- und langfristigen Inflationserwartungen der privaten Haushalte deutlich gestiegen. 

Doch wie viel Gewicht sollte man dieser Entwicklung beimessen? 

Das ist eine sehr wichtige Frage – und eine aktuelle, insbesondere angesichts des Einflusses von Inflationserwartungen auf die tatsächliche Wirtschaftsentwicklung.

Welchen Einfluss hat der abrupte Kurswechsel der US-Handelspolitik auf die tatsächliche Inflation, bevor sie eintritt, via einen wesentlichen Anstieg der erwarteten Inflation? 

«There is evidence that policy uncertainty and inflation uncertainty correlate over time», Graph: Fed, Gov Adriana D. Kugler, April 25, 2025.



Mittwoch, 23. April 2025

The Measure of Progress

Buchbesprechung

Diane Coyle: “The Measure of Progress” – Counting What Really Matters, Princeton University Press, April 01, 2025, UK, London.


Die modernen Wunder, die die Innovation (z.B. in Sachen Technologie, Medizin, Künstliche Intelligenz usw.) hervorbringt, deuten heute ohne Zweifel auf die Möglichkeit einer neuen Ära des menschlichen Fortschritts hin. 

Doch Innovation hat oft transformative Effekte, die in der Wirtschaftsstatistik schwer zu kristallisieren sind. 

Es ist zudem keine neue Erkenntnis, darauf hinzuweisen, dass die Entwicklung des Wohlstands nicht allen zu Gute kommt. Die wachsende Ungleichheit z.B. lastet auf dem Wohlbefinden vieler Menschen auch in fortentwickelten Volkswirtschaften.

Diane Coyle beschäftigt sich vor diesem Hintergrund mit der Suche nach einer angemessenen Alternative (und oder Ergänzung) für das Bruttoinlandsprodukt (BIP), welches seit den 1940er Jahren als die wichtigste Metrik herangezogen wird, um die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft zu messen. Die Autorin zieht es vor, für ihre Forschung als Basis das SNASystem of National Accounts») zu verwenden.

Darüber hinaus ist Nachhaltigkeit für die Autorin ein wichtiges Anliegen: Die Natur hat schliesslich einen Einfluss auf die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden. Und das individuelle Humankapital ist mit dem kollektiven Sozialkapital eng verbunden.


«Der Nullpreis für die Natur, während die Wirtschaft seit den 1950er Jahren gewachsen ist, hat zu einer existenziell bedrohlichen Überausnutzung natürlicher Ressourcen geführt.»


Die Tatsache, dass die Wirtschaft die Natur frei nutzt, hat ein schnelleres BIP- und Einkommenswachstum ermöglicht, als es sonst möglich gewesen wäre.

Sonntag, 16. März 2025

«No Pain, No Gain»: Ein Fitness-Programm für Lebewesen?

Der Mythos von "Trickle-Down Economics" ist zurück


„Ohne Fleiß kein Preis“ («no pain, no gain») lautet die neue Wirtschaftsbotschaft des Trump-Teams.

Doch wirtschaftliche Not ist nicht nur eine Statistik – sie bedeutet reales Leid für Einzelpersonen und Familien, die nicht einfach Jahrzehnte auf theoretische Vorteile warten können.

Konkret: Der „Preis“ ist oft spekulativ, während der „Schmerz“ unmittelbar und konkret ist.

Die Redewendung „ohne Fleiß kein Preis“ (“no pain, no gain”) suggeriert, dass für Fortschritt oder Erfolg Entbehrungen oder Opfer erforderlich sind. 

Im Zusammenhang mit der Wirtschaftspolitik kann dieser Ansatz irreführend sein, weil er impliziert, dass kurzfristige Unannehmlichkeiten oder Opfer eine notwendige Voraussetzung für langfristigen Wohlstand sind.

Trumps Team bringt „Ohne Fleiß kein Preis“ wieder zurück, eine Wirtschaftsphilosophie des späten 20. Jahrhunderts: Wenn die Nationen eine reichere und gerechtere Gesellschaft schaffen wollen, müssen sie die sozialen Schmerzen großer Ungleichheit überwinden, Graph: Bloomberg, March 10, 2025.

Sonntag, 2. März 2025

Negotiation

Buchbesprechung

Max H. Bazerman: “Negotiation” - The Game Has Changed, Princeton University Press, Jan 14, 2025


Die meisten Verhandlungsgeschichten, die die Leute auf Cocktailpartys erzählen, konzentrieren sich auf den Preis. Im Gegensatz dazu beinhalten die meisten wichtigen realen Verhandlungen mehrere Probleme, wobei der Preis nur eines davon ist.

Prof. Bazerman zeigt auf, wie erfahrene Verhandlungsführer sich dessen bewusst sind, dass die Aushandlung mehrerer Themen günstige Geschäfte ermöglicht, die den Gesamtwert des Deals erhöhen. 

Denn Wertschöpfung ist, was effektivere Verhandlungsführer schaffen: sie 1) entwickeln stärkere Beziehungen, 2) sie haben einen besseren Ruf und 3) sie tragen dazu, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, so der Autor.

Indem sie einen Deal für alle Themen kreativ verpacken, für beide Seiten vorteilhafte Optionen finden und kluge Kompromisse eingehen, schaffen die Parteien Wert und beide Seiten erzielen bessere Ergebnisse. 

Die meisten wichtigen Verhandlungen erfordern zwar, dass wir daran arbeiten, mehr Wert (einen größeren Kuchen) zu schaffen und einen guten Teil des größeren Kuchens für uns selbst zu beanspruchen.

Wenn aber Verhandlungsführer davon besessen sind, Wert zu beanspruchen, kann die Wertschöpfung dabei verloren gehen. Ein bemerkenswertes Beispiel ist Uber.

Wie Travis Kalanick (Uber CEO von 2010 bis 2017) betrachten viele Verhandlungsführer Verhandlungen als ein Schachspiel, bei dem das Ziel darin besteht, die andere Seite zu schlagen. Im Vergleich dazu tun große Verhandlungsführer mehr, als nur so viel Wert wie möglich zu beanspruchen. In den meisten komplexen realen Verhandlungen ist die Wertschöpfung und die Vergrößerung des Kuchens ein viel wichtigerer Teil des Prozesses.