Sonntag, 31. August 2025

Unabhängigkeit der Zentralbank – Unabhängigkeit von wem?

 Geldpolitik ist nicht neutral


Prof. Louis-Philippe Rochon trifft den Nagel auf den Kopf – in einem kurzen und prägnanten Tweet:

Die Unabhängigkeit der Zentralbank (Central Bank Independence; CBI) war schon immer ein theoretisches Konzept. In Wirklichkeit arbeitet die Fed eng mit dem Finanzministerium (UST) zusammen, und es gibt erhebliche Wechselwirkungen.

Was jedoch in letzter Zeit mit Lisa Cook geschieht, ist eine ganz neue Dimension der Einmischung. Die post-keynesianische Kritik an der CBI bezieht sich auf den ersten, nicht auf den zweiten Punkt.

Einverstanden.

Die Frage ist: Unabhängigkeit von wem?

Theoretisch: Die Unabhängigkeit der Zentralbank wird als Unabhängigkeit von der Regierung definiert (z. B. keine fiskalische Dominanz, kein politischer Druck zur Monetarisierung von Defiziten).

In der Praxis: Zentralbanken sind stark von den Finanzmärkten abhängig, da sie ihre Politik über Finanzintermediäre, Anleihemärkte, Repo-Märkte usw. umsetzen.

Das bedeutet, dass Zentralbanken letztlich viel stärker auf Finanzsignale (Anleiherenditen, Aktienkurse, Kredit-Spreads) reagieren als auf Arbeitsmärkte oder Löhne.

Reference Books:  “Intermediate Macroeconomics” (2025) Elgar Publishing and “Do Central Banks Serve the People” (2018) Polity Books.

Montag, 25. August 2025

Javier Milei’s Chainsawing Economic Overhaul for Argentina

The anchor is not a sustainable disinflation tool


A central contradiction is what Javier Milei, Argentina’s President calls the “anchor approach": using the exchange rate, tariffs, or trade liberalization as the nominal anchor for inflation. 

How the anchor works

The idea is: open the economy, allow cheap imports in, and let external competition “discipline” domestic firms.

The hope: domestic producers stop raising prices because otherwise they lose market share. That should, in theory, bring inflation down.

The problem for domestic firms: wages, energy, and local costs don’t disappear just because the peso is “anchored.”

Argentina’s economy contracted in June for the 4th month this year, before interest rates soared in July, Graph: Bloomberg, Aug 20, 2025. 


Sonntag, 17. August 2025

The Labor Market Myth

Buchbesprechung

Paul de Beer: The Labor Market Myth” - How the Market Metaphor Hinders Our Understanding of Work, Edward Elgar Publishing, 2025, UK.



Jeden Tag wird uns erzählt, dass Jobs zum „Arbeitsmarkt“ gehören. Politiker, Ökonomen und Journalisten sprechen davon, als wäre es ein Bauernmarkt für Kartoffeln

Arbeitnehmer bieten ihre Arbeitskraft an, Unternehmen fragen sie nach, und Löhne sind der Preis, der beide Seiten ausgleicht. Übersteigt die Nachfrage das Angebot, steigen die Löhne. Übersteigt das Angebot die Nachfrage, sinken die Löhne. Einfach, übersichtlich, effizient.

Das Problem ist, dass dieses Bild ein Mythos ist. Der „Arbeitsmarkt“ ist kein Markt – und ihn als solchen zu behandeln, macht uns blind dafür, wie Arbeit und Löhne tatsächlich funktionieren.

Das falsche Versprechen des Gleichgewichts

Die Lehrbuchökonomie behauptet, dass ein Mangel an Arbeitskräften automatisch zu einem Anstieg der Löhne führen sollte, während ein Überschuss an Arbeitskräften zu einem Rückgang der Löhne führen sollte. 

In der Praxis funktioniert jedoch keiner dieser Mechanismen reibungslos. Löhne sind bekanntlich „träg” («sticky» und «rigid»). Unternehmen sträuben sich oft gegen Lohnerhöhungen, selbst wenn Arbeitskräfte knapp sind, und ziehen es vor, mehr aus den vorhandenen Mitarbeitern herauszuholen, zu automatisieren oder auszulagern. 

Auf der anderen Seite akzeptieren Arbeitnehmer selten Lohnkürzungen ohne Protest. Sie kündigen, schließen sich Gewerkschaften an oder engagieren sich weniger.

Die Vorstellung eines ordentlichen Gleichgewichts ist irreführend: Arbeit ist kein Sack Kartoffeln, der auf einer Auktion gekauft und verkauft werden kann, sondern menschliche Leistung, eingebettet in Institutionen, Verträge und Machtverhältnisse.