Donnerstag, 16. Januar 2014

François Hollande: Angebotspolitiker auf der Null-Linie

François Hollande hat am Dienstag vor den Medien seinen “Responsibility Pact“ vorgestellt. Der Staat soll die Gürtel enger schnallen. Gespart werden sollen 50 Mrd. EUR zwischen 2015 und 2017 (was rund 4% der Staatsausgaben entspricht).

Was darüber hinaus wie eine Bombe eingeschlagen hat, ist die wirtschaftspolitische Kursänderung im radikalen Ausmass. Der französische Staatspräsident mausert sich zum Angebotstheoretiker.

Der Staatschef, der vor einem Jahr als Sozialist gewählt wurde, lässt sich nun zum „modernen Sozialdemokrat“ machen, wie Heiner Flassbeck in seinem Blog auf den Punkt bringt.

Das politische Ziel sei, Frankreichs Wirtschaft zu stärken. Dafür sei eine Politik des Angebots notwendig. Ganz nonchalant sagt Hollande im gleichen Atemzug, dass das Angebot die Nachfrage schafft.

Das ist das Say’sche Gesetz, was im Grunde genommen vor 75 Jahren widerlegt worden ist. Es ist insofern bizarr als Hollande sich mit einer neo-liberalen Rhetorik auf eine Zombie-Idee abstützt, um eine wirtschaftspolitische Wende herbeizuführen.



Trotz des anhaltenden Nachfrageausfalls im Euro-Raum will die französische Regierung die Staatsausgaben weiter senken, Graph: Morgan Stanley

Hollandes aussergewöhnliche Aussage zum Zeitpunkt, wo die nominalen Zinsen in der Eurozone auf die Null-Grenze (zero lower bound) zusteuern, und Arbeitslosigkeit auf hohem Niveau verharrt, ist ein extremes Phänomen der Selbst-Verspottung, wie Mark Thoma das Ganze in seinem Blog zum Ausdruck bringt.



Frankreich: Darlehen und Einlagen bei den Banken, Graph: Morgan Stanley

Kevin O’Rourke kann es nicht fassen, dass Hollande die Aussage tatsächlich gemacht hat. Es gibt schliesslich keinen besseren Zeitpunkt als die Null-Grenze, gegen das Say’sche Gesetz zu argumentieren. Was ferner alarmierend ist, was die europäischen Linken damit demonstrieren: Es gibt sie in vielen Ländern nicht, so O’Rourke.

Europas politische Linke ist durch die ideologische Verteidigung der Währungsunion so geblendet, dass sie nicht im Stande ist, eine artikulierende Politik zu präsentieren, bemerkt Ambrose Evans-Pritchard dazu.




Die französischen Banken bauen ihre Risiken in den anderen EU-Ländern weiter ab, Graph: Morgan Stanley

Die Forderungen der Banken (funding gap) in Frankreich gehen gegenüber den übrigen Staaten der EWU zurück

Das Risiko der französischen Banken gegenüber der EU-Peripherie hat sich inzwischen von 700 Mrd. EUR (Spitzenwert) auf rund 413 Mrd. EUR verringert.

Da der private Verbrauch ins Stocken geraten ist, halten sich Unternehmen mit Investitionen zurück. Wenn die Löhne stagnieren, verschlechtert sich die Einkommenssituation der privaten Haushalte. Der Konsum wird daher eingeschränkt. Der Nachfrageausfall bedeutet weniger Umsatz für Unternehmen. 

Ohne Investitionen horten Unternehmen gewöhnlich viel mehr Cash. Es spielt keine Rolle, ob die Unternehmen liquide Mittel auf die Bank bringen. Denn die Banken halten ihrerseits Überschussreserven bei den Zentralbanken, weil sie im Angesicht der schwachen Nachfrage keine Kredite vergeben. Die Liquidität kommt in der Realwirtschaft nicht an. In diesem Umfeld zu behaupten, dass das Angebot die Nachfrage schafft, ist deswegen absurd.

Hollande beugt dem Mainstream. Jammerschade!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hollande war noch nie Nachfrage-"Ökonom": http://m.ft.com/intl/cms/s/0/c6db37ba-9dae-11e1-9a9e-00144feabdc0.html