Montag, 30. Juni 2014

Scharlatane, Sonderlinge und Magie der Steuersenkungen

Kansas hat sich vor zwei Jahren fiskalpolitisch auf ein bemerkenswertes Experiment eingelassen, beschreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Charlatans, Cranks and Kansas“) am Montag in NYTimes: Ertragsteuer wurden stark gekürzt, ohne klare Vorstellung davon, wie die entgangenen Einnahmen ersetzt würden.

Sam Brownback, der Gouverneur hat das Gesetz (prozentual die grösste Steuersenkung in einem Jahr, die ein Bundesstaat jemals in Kraft gesetzt hat) in enger Absprache mit dem Ökonomen Arthur Laffer verabschiedet. Und Brownback hat vorausgesagt, dass die Kürzungen dem konjunkturellen Aufschwung der Wirtschaft Starthilfe geben würden.

Kansas‘ Wirtschaft boomt aber nicht. In der Tat hinkt seine Wirtschaft den benachbarten Bundesstaaten und Amerika als Ganzes nach. In der Zwischenzeit ist der Haushalt von Kansas tief ins Defizit gestürzt, was wegen der Verschuldung eine Herabstufung durch Moody’s provoziert, argumentiert Krugman.

Es gibt hier eine wichtige Lektion, so der am Graduierten Zentrum der City University of New York (CUNY) forschende Wirtschaftsprofessor. Nicht, was Sie denken. Ja, Kansas‘ Debakel zeigt, dass Steuersenkungen keine magischen Kräfte entfalten. Aber das wussten wir ja bereits. Die wirkliche Lektion von Kansas ist die unsterbliche Kraft von schlechten Ideen, solange diese Ideen die Interessen von richtigen Leuten vertreten.

Die Steuersenkungen von Brownback kommen nicht einfach aus dem Nichts. Sie folgen einer Blaupause von ALEC, dem American Legislative Exchange Council. ALEC hat eine Reihe von wirtschaftlichen Studien veröffentlicht, die angeblich zeigen, dass Steuersenkungen für Unternehmen und reiche Leute ein rasches Wirtschaftswachstum auslösen.

Die Studien sind laut Krugman peinlich schlecht. Und der Vorstand des Gremiums von ALEC, dem Laffer und Stephen Moore von Heritage Foundation auch angehören, schreit nicht gerade nach Glaubwürdigkeit.

Was ist eigentlich ALEC? Es ist eine geheimnisvolle, von Grosskonzernen finanzierte Gruppe, die für konservative Politiker im Dienst des Staates Rechtsvorschriften unterbreiten. Und die meisten Bemühungen von ALEC richten sich, was nicht überrascht, nach Privatisierung, Deregulierung und Steuersenkungen für Unternehmen und reiche Leute, erklärt Krugman weiter.

Und ALEC fördert Steuersenkungen für die reichen an der Spitze, während es unten tatsächlich zu Steuererhöhungen und Kürzungen der sozialen Dienste kommt.

Wie kann man aber die Bereicherung von bereits Wohlhabenden rechtfertigen, während den anderen Menschen, die versuchen, irgendwie über die Runden zu kommen, das Leben erschwert wird?

Die Antwort ist, dass man dafür eine Wirtschaftstheorie braucht, die eine solche Politik als Schlüssel zum Wohlstand erklärt. So deckt angebotsseitige Wirtschaftspolitik einen Bedarf, der durch viel Geld unterstützt wird. Und die Tatsache, dass sie immer wieder scheitert, spielt dabei keine Rolle.

Und es kommt auf das Kansas-Debakel auch nicht an, so Krugman: Die Bundesstaaten werden wahrscheinlich über ähnliche Wirtschaftspolitik kurz nachdenken und eine Pause einlegen. Der Effekt wird aber nicht lange anhalten. Denn beim Glauben an die Magie der Steuersenkungen geht es nicht um Beweise, sondern darum, nach Gründen zu suchen, um die Interessen der Menschen mit Macht nach eigener Wahl zu stützen, hält Krugman als Fazit fest.


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